Wichtige Urteile

Für Rechtsstreitigkeiten über die Künstlersozialabgabe sind die Sozialgerichte zuständig. In erster Instanz entscheidet das Sozialgericht, in der Berufungsinstanz das Landessozialgericht. Sofern eine Revision zugelassen wird, ist in letzter Instanz das Bundessozialgericht (BSG) mit Sitz in Kassel zur Entscheidung zuständig. Das BSG hat in den letzten Jahren einige Grundsatzurteile zum Künstlersozialversicherungsrecht erlassen. Hier eine kleine Auswahl der wichtigsten Urteile:

Bundessozialgericht, Urteil vom 7. Mai 2020:

Gewinnentnahmen aus einer GmbH & Co. KG gelten als Arbeitseinkommen im Sinne des KSVG, wenn sie auf eine überwiegend publizistische Tätigkeit zurückgehen.

Das Bundessozialgericht hatte in seinem „Costa Cordalis“-Urteil vom 2. April 2014 entschieden, dass Gewinnentnahmen aus einer KG nicht der Künstlersozialabgabe unterliegen. Dieses Urteil war für die Künstlersozialkasse sehr ärgerlich. Sozusagen als „Retourkutsche“ hatte sie in der Folgezeit Gewinnentnahmen von Kommanditist:innen nicht mehr als Arbeitseinkommen im Sinne des KSVG berücksichtigt. Da auf diese Weise regelmäßig die Hinzuverdienstgrenzen für  nicht-künstlerische bzw. nicht-publizistische Einkünfte überschritten waren, bedeutete dies für viele Kommanditist:innen das Ende ihrer KSVG-Versicherung.

Dieser umstrittenen Vorgehensweise der KSK hat das Bundessozialgericht nun mit seinem Grundsatzurteil vom 7. Mai 2020 eine klare Absage erteilt. Es hat klargestellt, dass die Voraussetzungen für eine Einordnung als abgabepflichtiges Entgelt im Sinne von § 25 Abs. 1 KSVG andere sind als für eine Berücksichtigung als Arbeitseinkommen aus künstlerischer bzw. publizistischer Tätigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 KSVG.

Es bleibt dabei, dass Gewinnentnahmen aus einer KG oder GmbH & Co. KG kein abgabepflichtiges Entgelt sind. Sie müssen aber dennoch als Arbeitseinkommen aus selbständiger künstlerischer bzw. publizistischer Tätigkeit berücksichtigt werden.

Im Ergebnis ist die Rechtsform der KG bzw. GmbH & Co. KG in künstlersozial-versicherungsrechtlicher Hinsicht eine „eierlegende Wollmilchsau“. Die Kommanditist:innen können bei überwiegend künstlerischer bzw. pubizistischer Tätigkeit von den Vorteilen der Künstlersozialversicherung profitieren, ohne auf ihre Gewinnentnahmen Künstlersozialabgabe abführen zu müssen. Für die KSK ist diese Situation hingegen misslich und sie muss darauf hoffen, dass der Gesetzgeber diese Lücke durch eine Gesetzesänderung schließt.

Hier geht’s zum Volltext des Urteils:

BUNDESSOZIALGERICHT, Urteil vom 7. Mai 2020, B 3 KS 3/18 R

Leitsätze

Gewinnentnahmen des geschäftsführenden (Mit-)Gesellschafters und Kommanditisten einer GmbH & Co KG, die steuerrechtlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb unterfallen, sind zur Versicherungspflicht führendes Arbeitseinkommen im Sinn der Künstlersozialversicherung, wenn sie auf eine überwiegend publizistische Tätigkeit zurückgehen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

Im Streit steht die Beendigung der Versicherungspflicht bzw der Beitragszuschussberechtigung in der Künstlersozialversicherung (KSV).

Der Kläger ist seit dem Jahr 2000 als selbstständiger Publizist tätig. Er übte diese Tätigkeit in der Gesellschaft „L. GbR V. & R.“ aus, die neben dem Kläger aus einem weiteren geschäftsführenden Gesellschafter (Herr V.) bestand. Die beklagte Künstlersozialkasse (KSK) hatte die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für den Kläger gemäß § 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) mit Anspruch auf Beitragszuschüssen zu den Aufwendungen zur Kranken- bzw Pflegeversicherung nach §§ 10, 10a KSVG wegen seiner publizistischen Tätigkeit ab dem 8.7.2002 festgestellt. Zum 1.7.2015 wurde die GbR in die „L. GmbH & Co. KG“ umgewandelt. Die beiden Gesellschafter der vormaligen GbR wurden Kommanditisten der KG. Komplementärin wurde die neu gegründete „L. K. GmbH„, deren geschäftsführende Gesellschafter der Kläger und der vormalige weitere Gesellschafter waren. Der Kläger zeigte die Änderung der Gesellschaftsform des Unternehmens bei der Beklagten an und teilte am 16.3.2016 mit, dass er von der Gesellschaft nur Zahlungen aufgrund seiner Gesellschafterstellung, aber keine anderen Zahlungen von ihr erhalte. Er übe Tätigkeiten für die KG wie Texterstellung und -redaktion, Skriptkonzeption und -erstellung, Konzeption und Umsetzung von Buchveröffentlichungen aus (im Umfang von 80 % seiner gesamten Tätigkeit); ferner Tätigkeiten, die in keinem Zusammenhang mit einer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit stünden (Aufgaben im Bereich Controlling und Personalverwaltung zu 20 %).

Die Beklagte stellte das Ende der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und der Beitragszuschussberechtigung nach dem KSVG zum 31.3.2016 fest: Der Kläger sei nicht mehr erwerbsmäßig tätig, da er keine Einkünfte mit Bezug zu einer künstlerischen bzw publizistischen Tätigkeit erziele. Die Gewinnentnahmen aufgrund seiner Gesellschafterstellung seien kein Arbeitseinkommen iS des KSVG (Bescheid vom 30.5.2016; Widerspruchsbescheid vom 23.9.2016).

Die hiergegen gerichtete Klage ist erfolgreich gewesen. Das SG Berlin hat den Bescheid der Beklagten aufgehoben: Die Umwandlung der Gesellschaftsform des Unternehmens in eine GmbH & Co KG habe nicht zu einer Änderung der Versicherungspflicht des Klägers nach dem KSVG geführt, denn er sei selbstständiger Publizist geblieben. Er beschäftige keine Arbeitnehmer und übe die publizistische Tätigkeit weiterhin erwerbsmäßig aus. Seine Einkünfte überstiegen die Geringfügigkeitsgrenze von § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG. Die gesellschaftsrechtlichen Gewinnentnahmen seien Arbeitseinkommen „aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit“, da hierfür ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der publizistischen Tätigkeit und den erzielten Einnahmen ausreichend sei (Hinweis auf BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2). Nach § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG iVm § 36a KSVG und § 15 SGB IV genüge es, wenn das Arbeitseinkommen im weitesten Sinne eine Gegenleistung für das zur Verfügungstellen der Arbeitskraft sei. § 15 SGB IV habe auch Bedeutung für die Auslegung des „Arbeitseinkommens“ von § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG, dem ein weites Verständnis beigelegt sei. Für ihre gegenteilige Ansicht könne sich die Beklagte nicht auf Rechtsprechung des BSG berufen (BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 8). Zutreffend habe das BSG darauf hingewiesen, dass die Versicherungspflicht nach §§ 1, 3 KSVG nicht zwingend die Abgabepflicht nach §§ 24, 25 KSVG voraussetze. Denn das „aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit“ erzielte Arbeitseinkommen iS von § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG sei weder begrifflich noch inhaltlich mit dem „für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen“ gezahlten Entgelt iS von § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG gleichzusetzen. Beide Vorschriften wiesen einen unterschiedlichen Regelungsgehalt auf. Maßgebend für den Versichertenstatus sei aber das Arbeitseinkommen, das mittelbar aus der künstlerischen bzw publizistischen Tätigkeit hervorgehe (Hinweis auf BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2). Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit bzw aus Gewerbebetrieb stellten auch Gewinnanteile dar, die ein Kommanditist als Mitunternehmer iS von § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG erzielt habe (Urteil vom 29.5.2018).

Mit der gegen dieses Urteil zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte die Verletzung von §§ 1, 2 KSVG. Sie ist der Ansicht, dass die Versicherungspflicht zu Recht wegen fehlender erwerbsmäßiger publizistischer Tätigkeit beendet worden sei. Der Kläger erziele kein Arbeitseinkommen mehr aus einer überwiegend selbstständigen Tätigkeit iS von § 15 SGB IV. Das BSG habe im Urteil vom 2.4.2014 (B 3 KS 3/12 R – SozR 4-5425 § 25 Nr 8) entschieden, dass Gewinnzuweisungen an die Gesellschafter einer KG, die aus deren gesellschaftsrechtlicher Stellung resultierten, keine Entgelte für künstlerische Leistungen seien, selbst wenn der Gewinn der Gesellschaft ganz oder überwiegend aus einer künstlerischen Tätigkeit resultiere (BSG aaO RdNr 27). Gewinnzuweisungen, die letztlich zwar auf einer künstlerischen oder publizistischen Leistung beruhten, könnten eben nicht hierfür, sondern nur „hieraus“ gezahlt werden und seien daher keine Entgelte iS von § 25 KSVG (BSG aaO RdNr 28). Diese Grundsätze fänden vorliegend Anwendung. Hingegen habe sich das SG unzutreffend auf das Urteil des BSG vom 21.7.2011 (B 3 KS 5/10 R – BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2) gestützt. Denn die Tätigkeit des Klägers könne ohne weiteres entfallen, ohne dass der durch den Gesellschaftsvertrag begründete Anspruch auf Gewinnzuweisung entfiele. Gewinnzuweisungen könnten auch von vielen anderen Kriterien abhängig sein (zB von der Einbringung von Sachmitteln). Jedenfalls sei die Gesellschafterstellung des Klägers klar von publizistischen Tätigkeiten abzugrenzen. Deshalb fehle es auch an einem sozialen Schutzbedürfnis für die KSV. Die Gewinnzuweisungen seien finanzielle Vorteile ohne Gegenleistungscharakter.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig. Die Zustimmung des Klägers zur Einlegung der Sprungrevision ist formgerecht erfolgt (§ 161 Abs 1 Satz 3 SGG).

Die Revision ist aber nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klage ist als reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) zulässig. Der Kläger kann das Weiterbestehen seiner Versicherungspflicht und der Beitragszuschussberechtigung nach dem KSVG durch bloße Aufhebung des angefochtenen Bescheids erreichen. Einer zusätzlichen konstitutiven Feststellung seiner Rechtsposition ab 1.4.2016 bedarf es nicht.

1. Die Revision der Beklagten musste auf der Grundlage der für das Revisionsgericht bindenden Tatsachenfeststellungen des SG (§ 163 SGG) erfolglos bleiben. Das SG hat den angefochtenen Bescheid zu Recht aufgehoben, denn es bestand kein Rechtsgrund, die ursprünglich im Jahr 2002 getroffene Feststellung der Rentenversicherungspflicht nach § 1 KSVG und des Anspruchs auf die Beitragszuschüsse nach § 10 Abs 2, § 10a Abs 2 KSVG in Verbindung mit § 8 Abs 2 Satz 2 KSVG (jeweils idF des 2. KSVG-Änderungsgesetzes vom 13.6.2001, BGBl I 1027) und § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X (idF der Bekanntmachung der Neufassung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vom 18.1.2001, BGBl I 130) wegen Änderung der Verhältnisse aufzuheben.

a) Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Infolge der Eigenart der künstlerischen und publizistischen Tätigkeit findet § 48 SGB X nach § 8 Abs 2 KSVG eine modifizierte Anwendung, denn nur in den in § 8 Abs 2 Satz 1 KSVG genannten Fällen lässt sich genau feststellen, wann eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. In den übrigen Fällen von § 8 Abs 2 Satz 2 KSVG ist der Bescheid über die Versicherungspflicht bei Änderung der Verhältnisse nur mit Wirkung vom Ersten des Monats an aufzuheben, der auf den Monat folgt, in dem die KSK von der Änderung Kenntnis erhält, es sei denn, der Versicherte hat vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht (vgl Brachmann in Finke/ders/Nordhausen, KSVG, 5. Aufl 2019, § 8 RdNr 11 bis 14).

b) Der angefochtene Verwaltungsakt leidet daran, dass in den tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass des feststellenden Verwaltungsakts vorgelegen haben, keine rechtlich wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt vor, wenn sich die für den Erlass des Verwaltungsakts entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände so erheblich verändert haben, dass sie rechtlich anders zu bewerten sind und daher der Verwaltungsakt unter Zugrundelegung des geänderten Sachverhalts so wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden dürfte (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-5425 § 3 Nr 3 RdNr 16 mwN).

2. Die Versicherungspflicht nach §§ 1, 2 und 3 KSVG und die Zuschussberechtigung zur Kranken- und Pflegeversicherung nach §§ 10, 10a KSVG bestehen auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) über den 31.3.2016 hinaus fort (dazu 3.): Der Kläger übt seine Tätigkeit als Publizist (a) in selbstständiger Tätigkeit als geschäftsführender (Mit-)Gesellschafter der Komplementär-GmbH und als Kommanditist mit maßgeblichem Einfluss auf die Gesellschaft aus (b). Die Tätigkeit wird erwerbsmäßig oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze ausgeübt (c). Die Einordnung der Gewinnentnahmen des Klägers als Einkünfte aus Gewerbebetrieb stellt den notwendigen mittelbaren Zusammenhang zum Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit her (d). Dem steht der Schutzzweck der Versicherungspflicht in der KSV nicht entgegen (4.). Im Ergebnis hat das SG die zur Feststellung der Versicherungspflicht in der KSV erforderlichen Tatsachen bindend festgestellt (5.). Die Beklagte kann sich für ihre gegenteilige Rechtsansicht nicht auf Rechtsprechung des BSG beziehen, die zur Abgabepflicht von kunstverwertenden Unternehmen und zur Bemessung der für die Künstlersozialabgabe (KSA) heranzuziehenden Entgelte ergangen ist (6.). Der angefochtene Bescheid, der die Versicherungspflicht und – als deren Annex – die Beitragszuschüsse beendet hat, ist daher rechtswidrig ergangen und war aufzuheben.

3. Rechtsgrundlage der Versicherungspflicht ist § 1 KSVG (idF des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004, BGBl I 3242). Danach werden selbstständige Künstler und Publizisten in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben (§ 1 Nr 1 KSVG) und im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig iS des § 8 SGB IV (§ 1 Nr 2 KSVG).

a) Den bindenden Tatsachenfeststellungen des SG entsprechend ist der Kläger bereits seit dem Jahr 2000 als selbstständiger Publizist tätig gewesen. Nach § 2 Satz 2 KSVG (idF des 4. Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011, BGBl I 3057) ist Publizist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt. Der Begriff des Publizisten ist nach ständiger Senatsrechtsprechung weit auszulegen und erfasst jeden im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 8 RdNr 24; BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 9 RdNr 17, jeweils mwN). Der Kläger hat seine publizistische Tätigkeit als solche nicht geändert, die den ganz überwiegenden Anteil (von 80 %) und damit das Gesamtbild seiner Tätigkeit im Unternehmen prägt (zu gemischten Tätigkeiten vgl bereits BSGE 82, 107, 111 = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 64 und zuletzt BSG Urteil vom 4.6.2019 – B 3 KS 2/18 R – für BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 18 mwN). Die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass der Kläger auch nach Änderung der Gesellschaftsform seines Unternehmens einer Tätigkeit als Publizist in diesem Umfang nachgeht (vgl dazu noch unten 5.)

b) Er übt diese Tätigkeit in Selbstständigkeit aus und beschäftigt keine Arbeitnehmer iS von § 1 Nr 2 KSVG.

aa) Nach den in ständiger Rechtsprechung des BSG entwickelten Kriterien zur Abgrenzung von (abhängiger) Beschäftigung (§ 7 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IV) und selbstständiger Tätigkeit kommt es darauf an, ob der Kläger als Selbstständiger anzusehen ist und nicht als Beschäftigter „insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung muss dies insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung der Fall sein. Demgegenüber wird die selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das Unternehmerrisiko des Betroffenen, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und durch das Recht und die Möglichkeit gekennzeichnet, dass dieser über die eigene Arbeitskraft, den Arbeitsort und die Arbeitszeit frei verfügt. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur allgemeinen sozialversicherungsrechtlichen Abgrenzung näher zB BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 16, 25 mwN; für den Bereich der KSV vgl nur BSGE 82, 107, 108 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 61 f mwN).

bb) Ist der Geschäftsführer einer GmbH am Kapital der Gesellschaft beteiligt, ist der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft wesentliches Abgrenzungsmerkmal. Für GmbH-Gesellschafter, die – wie hier – über mindestens die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfügen und damit einen maßgebenden Einfluss auf deren Entscheidungen besitzen, hat die Rechtsprechung stets ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH verneint (vgl zuletzt zB BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, RdNr 21 ff; ferner BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 17 S 57; BSGE 82, 107, 108 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 61 f unter Hinweis auf BSG Urteil vom 8.12.1987 – 7 RAr 14/86 – juris, BB 1989, 73; vgl auch BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68).

cc) In der GmbH & Co KG (s § 161 Abs 1 HGB, dazu Kindler in Koller/ders ua, HGB, 8. Aufl 2015, § 161 RdNr 2 und 6) führt die Komplementär-GmbH die Geschäfte der KG (§ 164 HGB). Hat der geschäftsführende Gesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Komplementär-GmbH durch den Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft, so sind dies maßgebliche Kriterien für die selbstständige Tätigkeit (vgl allgemein Kübler, StB 2018, 17 ff, III. 1. Abs 2 mwN). Gleiches gilt für den Kommanditisten der KG, der – wie hier – aufgrund seiner Gesellschafterstellung und nicht aufgrund einer anderen Abrede (wie zum Beispiel einem Arbeitsvertrag) in der Gesellschaft arbeitet und dabei maßgebenden Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens unter Berücksichtigung seiner Kapitalbeteiligung hat (vgl Bauer/Baeck/Schuster, NZA 2000, 863, 866; Kübler, StB 2018,17 ff, III. 4.; vgl auch BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18).

dd) Ungeachtet der Selbstständigkeit darf keine arbeitgeberähnliche Position begründet sein, die den Schutzbereich der KSV verschließt (allgemein dazu Nordhausen in Finke/Brachmann/ders, KSVG, 5. Aufl 2019, § 1 RdNr 65 ff). Dafür ist aber nicht entscheidend, wie der selbstständige Künstler oder Publizist sein Unternehmen gesellschaftsrechtlich ausgestaltet, sondern ob er nach § 1 Nr 2 KSVG mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigt (vgl BSGE 88, 1, 4 ff = SozR 3-5425 § 1 Nr 6 S 31 f). Dies trifft auf den Kläger nicht zu.

c) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des SG übt der Kläger diese Tätigkeit im Rechtssinne auch „erwerbsmäßig“ aus (§ 1 Nr 1 iVm § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG). Denn die vom Kläger entnommenen Gewinnanteile aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung stellen Arbeitseinkommen aus selbstständiger publizistischer Tätigkeit dar, mit dem er die Basis seiner wirtschaftlichen Existenz sichert. Das Merkmal der „Erwerbsmäßigkeit“ liegt vor, wenn eine selbstständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts und nicht nur aus Liebhaberei ausgeübt wird (vgl BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2, RdNr 11; BSG SozR 3-5425 § 2 Nr 12 S 52). Dies setzt voraus, dass die Absicht verfolgt wird, ein über der Geringfügigkeitsgrenze (von 3900 Euro im Kalenderjahr) nach § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG (idF des Gesetzes vom 5.12.2006, BGBl I 2748) liegendes Arbeitseinkommen zu erzielen. Dass der Kläger Einkünfte oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze bezogen hat, hat das SG festgestellt und ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

d) Die Gewinnentnahmen aus der GmbH & Co KG erfüllen auch den Begriff des Arbeitseinkommens „aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit“ iS von § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG. Dies setzt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der künstlerischen bzw publizistischen Tätigkeit und den erzielten Einnahmen voraus. Der Senat hat hierzu bereits entschieden, dass hierfür nicht ein unmittelbarer Zusammenhang erforderlich ist, sondern ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der künstlerischen bzw publizistischen Tätigkeit und der Einnahme ausreichend ist (vgl BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2, RdNr 12 ff).

aa) Daher scheitert ein solcher Zusammenhang auch nicht daran, dass sich der Kläger kein Honorar als unmittelbare Gegenleistung für seine ganz überwiegend publizistische Tätigkeit zahlen lässt, sondern aufgrund seiner das Unternehmen beherrschenden Stellung als geschäftsführender Gesellschafter der GmbH & Co KG anstelle dessen Gewinne dem Unternehmen entnimmt. Nach den vom SG festgestellten Angaben des Klägers hat dieser die Gewinnentnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern. Damit liegt aber entgegen der Ansicht der Beklagten Arbeitseinkommen „aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit“ gemäß § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG vor.

bb) Für die Konkretisierung des in § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG genannten Arbeitseinkommens sind die Regelungen in §§ 14 und 15 SGB IV iVm § 36a Satz 1 KSVG heranzuziehen, die systemübergreifend zum einen das Arbeitsentgelt (Einkommen aus nichtselbstständiger Beschäftigung) und zum anderen das Arbeitseinkommen (Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit) definieren. Ausschlaggebend für die – auch im Zusammenhang mit § 3 Abs 1 KSVG – weite Auslegung des § 15 SGB IV sind die einkommensteuerrechtlichen Bewertungsgrundsätze, auf die § 15 SGB IV (seit der Neufassung durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994 – Agrarsozialreformgesetz 1995 – ASRG 1995 – BGBl I 1890) zur Definition des Arbeitseinkommens dem Grunde und der Höhe nach verweist. Dadurch wird eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sichergestellt (vgl Gesetzesbegründung zum ASRG 1995, BT-Drucks 12/5700 S 92; vgl auch BSGE 125, 113 = SozR 4-2500 § 240 Nr 34, RdNr 14).

cc) Arbeitseinkommen ist gemäß § 15 Abs 1 SGB IV der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (Satz 1); Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (Satz 2, vgl auch BSG SozR 4-5425 § 3 Nr 3 RdNr 21). Dennoch muss der Begriff des Arbeitseinkommens iS des § 15 SGB IV nicht immer deckungsgleich mit demjenigen der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sein (vgl BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2, RdNr 22).

dd) § 15 SGB IV erfasst dem Wortlaut und der Systematik nach Gewinneinkünfte iS von § 2 Abs 1 Satz 1 EStG (hier und nachfolgend idF der Bekanntmachung der Neufassung des EStG vom 8.10.2009, BGBl I 3366) und damit auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Nr 2) und aus selbstständiger Arbeit (Nr 3). Nach § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 1 EStG sind Einkünfte bei Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k und 13a EStG). Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb iS des § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG zählen gemäß § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Satz 1 EStG auch die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.

ee) Das BSG hat bereits entschieden, dass die Gewinnanteile eines Kommanditisten, der keine vom Regelstatut des HGB abweichende gesellschaftsrechtliche Stellung innehat und die dieser als Mitunternehmer iS des EStG erzielt, sozialversicherungsrechtlich als Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit (§ 15 Abs 1 SGB IV) zu behandeln sind (vgl BSG SozR 4-2400 § 15 Nr 1, LS 1, RdNr 24; dem folgend vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 23.9.2015 – L 5 KR 2224/14 – juris RdNr 35; Hessisches LSG Urteil vom 28.8.2009 – L 5 R 445/07 – juris RdNr 39). Ebenso sind auch Gewinnanteile eines Kommanditisten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem Arbeitseinkommen iS von § 15 SGB IV (vormals § 180 Abs 5 Nr 3 RVO) zuzurechnen, wenn der Kommanditist nach dem Gesellschaftsvertrag und der tatsächlichen Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses ein nennenswertes Unternehmerrisiko trägt und er eine gewisse, den handelsrechtlich vorgesehenen Mitwirkungsrechten im wesentlichen entsprechende Unternehmerinitiative entfalten kann (vgl bereits BSG SozR 2200 § 180 Nr 30 LS 1; dem folgend LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 29.6.2016 – L 1 KR 172/14 – juris LS 2, RdNr 12). Dass Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft für die seitens der Gesellschaft erzielten Gewinne Einkommensteuer zu zahlen haben, ist Ausfluss des im Steuerrecht geltenden Trennungsprinzips. Das Gesellschaftsvermögen wird nicht als Vermögen der Gesellschaft, sondern als anteiliges Vermögen der an ihr beteiligten Gesellschafter behandelt. Entsprechend erfolgt die Besteuerung mit Einkommensteuer auf Ebene der Gesellschafter. Diese und nicht die Gesellschaft haben ihre Gewinnanteile nach § 15 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern (sog Trennungsprinzip vgl OLG Stuttgart Beschluss vom 7.6.2016 – 14 U 24/16 – juris RdNr 11 unter Hinweis auf BFH Beschluss vom 18.12.2014 – X B 89/14 – juris; so auch Wacker in Schmidt, EStG, 38. Aufl 2019, § 15 RdNr 163 mwN; aA Nordhausen in Finke/Brachmann/ders, KSVG, 5. Aufl 2019, § 25 RdNr 46, der Einnahmen der Gesellschafter aus Gewinnanteilen für kapitalertragssteuerpflichtig hält).

ff) Andererseits ist der Anwendungsbereich von § 15 Abs 1 Satz 1 SGB IV allein auf die hiernach relevanten Einkünfte gerade aus derartigen typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Tätigkeiten beschränkt – hier auf selbstständige publizistische Tätigkeiten – und umfasst nicht etwa „jegliches“ Einkommen aus selbstständiger (nicht abhängiger) Tätigkeit. Alle aus anderen Quellen stammenden Einkommen, wie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 6 EStG) und Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs 1 Satz 1 Nr 5 EStG), werden damit sozialversicherungsrechtlich grundsätzlich nicht erfasst und nicht durch eine selbstständige Tätigkeit erzielt (vgl BSG SozR 4-2500 § 10 Nr 9 RdNr 13 mwN). Daher erzielt auch ein Kommanditist keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, der weder am laufenden Gewinn noch am Gesamtgewinn der KG beteiligt ist. Nach dem Einkommensteuerrecht ist er wie ein Darlehensgeber oder stiller Gesellschafter zu behandeln (vgl BFHE 190, 204, BStBl II 2000, 183, juris RdNr 19).

4. Diese Erwägungen widersprechen auch nicht dem Schutzzweck der Versicherungspflicht in der KSV. Der Senat hat bereits unter Darlegung des normgeschichtlich belegten Zwecks von § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG aufgezeigt, dass die Versicherungspflicht in der KSV ursprünglich davon abhängen sollte, dass nur solche Personen von der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden sollten, für die die künstlerische bzw publizistische Tätigkeit nicht die wirtschaftliche Existenz darstellt. § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG dient daher ebenso wie das Merkmal der Erwerbsmäßigkeit dem Zweck, die Versicherungspflicht auf Personen zu beschränken, die des sozialen Schutzes durch die KSV bedürfen. Dieser Zielsetzung wird nur Rechnung getragen, wenn im Rahmen von § 1 Abs 1 Nr 1 und § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG auch mittelbar mit einer künstlerischen bzw publizistischen Tätigkeit im Zusammenhang stehende Einnahmen berücksichtigt werden, weil andernfalls ein Großteil der nach der Intention des KSVG schutzbedürftigen Künstler und Publizisten von der Versicherungspflicht ausgeschlossen bliebe (vgl BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2, RdNr 16).

5. Im Ergebnis der revisionsrechtlichen Würdigung steht daher nach den bindenden Tatsachenfeststellungen des SG fest, dass der Kläger als geschäftsführender (Mit-)Gesellschafter der GmbH und Kommanditist der KG zusammen mit dem weiteren Gesellschafter das finanzielle Unternehmerrisiko zu gleichen Teilen nach dem Gesellschaftsvertrag trägt und gleichermaßen Einfluss auf die Entscheidungen der Komplementär-GmbH hat. Die publizistische Tätigkeit im Unternehmen ist Ausfluss der selbstständigen Tätigkeit im Unternehmen, die den wesentlichen, prägenden Anteil ausmacht (Texterstellung und -redaktion, Skriptkonzeption und -erstellung sowie Konzeption und Umsetzung von Buchveröffentlichungen zu 80 %), während unternehmensleitungsspezifische Aufgaben des Controllings und der Personalverwaltung dahinter deutlich zurücktreten. An der seit März 2000 ausgeübten selbstständigen publizistischen Tätigkeit des Klägers ist in rechtlicher Hinsicht keine Änderung eingetreten. Überdies sind nach den vom SG festgestellten Angaben des Klägers zu seinen Einnahmen diese laut Steuerbescheid als Einkünfte „aus Gewerbe“ eingestuft worden. Die Beklagte hat dem weder widersprochen noch hat sie in ihrem Ermessen stehende Ermittlungen über den Nachweis der Angaben angestrengt (§ 13 Satz 3 KSVG). Damit steht fest, dass der Kläger Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen publizistischen Tätigkeit iS von §§ 1, 3 KSVG erzielt hat. Die steuerrechtliche Wertung der Gewinnentnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb steht der Wertung als erzieltes Arbeitseinkommen aus publizistischer Tätigkeit nicht entgegen (so auch BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2, RdNr 22).

6. Schließlich kann sich die Beklagte für ihre Rechtsansicht nicht auf das Urteil des BSG vom 2.4.2014 (BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 8; vorgehend vgl auch BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7) stützen.

a) Dieses Urteil ist nicht zur Versicherungspflicht eines Künstlers oder Publizisten in der KSV ergangen, sondern zur Abgabepflicht eines Unternehmens als Kunstverwerter nach § 24 KSVG und zur Bestimmung der von solchen Kunstverwertern zu zahlenden „Entgelte“ als unmittelbare Gegenleistung für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die in die Bemessungsgrundlage der KSA nach § 25 KSVG einfließen. Während §§ 1 bis 3 KSVG durch die persönliche Versicherungspflicht festlegen, welche natürlichen Personen nach der Intention des KSVG als sozial schutzbedürftig gelten, regeln die §§ 24, 25 KSVG, welche Unternehmen der KSA und welche finanziellen Aufwendungen (zB Honorare) der Abgabepflicht nach dem KSVG unterliegen. Auch setzt die individuelle Versicherungspflicht als selbstständiger Künstler oder Publizist nach §§ 1 bis 3 KSVG nicht zwingend die Abgabepflicht nach §§ 24, 25 KSVG als Pendant voraus. Aus diesem Grund ist das „aus selbständiger künstlerischer und publizistischer Tätigkeit“ erzielte Arbeitseinkommen iS des § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG weder begrifflich noch inhaltlich mit dem „für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen“ gezahlten Entgelt iS des § 25 Abs 1 Satz 1 KSVG gleichzusetzen. Die Regelungskomplexe verfolgen unterschiedliche Zweckrichtungen (vgl BSGE 109, 1 = SozR 4-5425 § 1 Nr 2, RdNr 28). Soweit sich die Beklagte insbesondere auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 2.4.2014 (BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 8 RdNrn 27 und 28) beruft, sind diese ausschließlich auf den Entgeltbegriff nach § 25 KSVG bezogen, der nicht dem Begriff „Arbeitsentgelt“ iS von § 14 SGB IV entspricht. Entgegen der Ansicht der Beklagten darf bei Feststellung der persönlichen Versicherungspflicht nicht auf eine typisierende Betrachtungsweise abgestellt werden, wie sie aber bei der Beurteilung der Abgabepflicht eines Kunstverwerters iS von § 24 KSVG und des abgabepflichtigen Entgelts nach § 25 KSVG angezeigt ist (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 8 RdNr 27). Denn der Abgabepflichtige muss in der Lage sein, die auf ihn entfallende Belastung vorauszuberechnen und daher müssen die für die Bemessung der KSA und die für den Kunstvermarkter relevanten Verhältnisse leicht erkennbar sein (vgl BSGE 74, 117, 120 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4 S 16).

b) Der Versicherungspflicht des Klägers aufgrund selbstständiger Tätigkeit kann nicht entgegengehalten werden, dass Künstler bzw Publizisten die von ihnen beherrschte Gesellschaft eigens zu dem Zweck gegründet haben, eigene Leistungen zu vermarkten. Das KSVG sieht die Abgabefreiheit einer Selbstvermarktung des Künstlers bzw Publizisten nicht ausdrücklich vor, sie folgt aber aus der Systematik des KSVG, die die Abgabepflicht an das Betreiben eines Unternehmens knüpft, das typischerweise künstlerische oder publizistische Leistungen verwertet (§ 24 Abs 1 KSVG) oder das nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteilt, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke des Unternehmens zu nutzen (§ 24 Abs 2 KSVG). Fehlt es an einem solchen Unternehmen, wie es bei einem sich selbst vermarktenden Künstler der Fall ist, so kann auch keine Abgabepflicht entstehen. Der Künstler trägt in diesem Fall als Versicherungspflichtiger nur den auf ihn entfallenden Beitragsanteil; an die Stelle der KSA des Vermarkters tritt der Bundeszuschuss (§ 14 KSVG).

Allerdings darf daraus nicht der Schluss gezogen werden, das KSVG sehe generell eine Abgabepflicht dann nicht vor, wenn es sich bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung um Selbstvermarktung handele. Für die KSA kann vielmehr die „Zwischenschaltung“ eines Unternehmens als eigenständige Rechtsperson zwischen Künstler und „Kunstverbraucher“ je nach deren rechtlicher Ausgestaltung von Relevanz sein, zB wenn der Publizist oder Künstler eine im Rechtsverkehr anerkannte Unternehmensform gewählt hat (vgl dazu BSGE 82, 107, 109 = SozR 3-5425 § 25 Nr 12, S 62). Dass die Beklagte eine „Schieflage“ vor allem darin sieht, dass die das Unternehmensrisiko tragenden Geschäftsführer bzw Gesellschafter dem Schutz der KSV unterstellt sein können, während ihr kunstverwertendes „Zwischen“-Unternehmen durch die Ausgestaltung zulässiger handels- und steuerrechtlicher Modelle nicht der KSA unterliegen muss, ist durch die aufgezeigten unterschiedlichen Regelungskonzepte von personalisierter Versicherungspflicht einerseits und unternehmerischer Abgabepflicht für private wie juristische Personen anderseits im geltenden KSVG nicht ausgeschlossen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Bundessozialgericht, Urteil vom 8. Oktober 2014:

Die Künstlersozialabgabe verstößt nicht gegen das Grundgesetz.

Das ist ein alter Hut! Das Bundesverfassungsgericht und das Bundessozialgericht haben beide in der Vergangenheit schon mehrfach entschieden, dass die Künstlersozialabgabe nicht gegen das Grundgesetz verstößt.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass sich an dieser Rechtsprechung in absehbarer Zeit etwas ändern wird.

Hier geht’s zum Volltext des Urteils:

BUNDESSOZIALGERICHT, Urteil vom 8. Oktober 2014, B 3 KS 1/13 R

Leitsätze

1. Auch Körperschaften des öffentlichen Rechts (hier: Bundessteuerberaterkammer) unterliegen der Pflicht zur Abführung der Künstlersozialabgabe, wenn sie Öffentlichkeitsarbeit betreiben und dabei mehrmals jährlich Aufträge an Pressefotografen und Fotodesigner erteilen.

2. Die Pflicht von kunstvermarktenden und kunstverwertenden Unternehmen zur Abführung der Künstlersozialabgabe ist auch angesichts der durch das Internet erweiterten Möglichkeiten der Künstler zur Selbstvermarktung verfassungsrechtlich unbedenklich.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird für alle Rechtszüge auf 2512,32 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist die Pflicht der klagenden Bundessteuerberaterkammer zur Abführung der Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 85 Abs. 2 Satz 1 Steuerberatungsgesetz). Ihre Mitglieder sind die Steuerberaterkammern der Länder (§ 85 Abs. 1 Satz 1 StBerG). Sie nimmt die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben (§ 86 Abs. 1 StBerG) nach den näheren Bestimmungen ihrer Satzung wahr. Dazu gehören insbesondere die Ermittlung der Auffassung ihrer Mitglieder in Fragen, die die Gesamtheit der Steuerberaterkammern angehen, die Kommunikation ihrer Auffassung in allen die Gesamtheit der Steuerberaterkammern berührenden Angelegenheiten an die zuständigen Gerichte und Behörden, die Vertretung der Gesamtheit der Steuerberaterkammern gegenüber Behörden und Organisationen, die Erstattung von Gutachten im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren oder auf Anforderung eines Bundesgerichts sowie die Förderung der beruflichen Fortbildung in den steuerberatenden Berufen (§ 86 Abs. 2 StBerG).

Die Klägerin beauftragt mehrmals jährlich selbstständige Fotografen mit der Fertigung von Bildaufnahmen von ihren Veranstaltungen, u. a. dem jährlich stattfindenden Deutschen Steuerberaterkongress. Die Fotografien verwendet die Klägerin in ihren Jahresberichten und in der Zeitschrift “KammerReport” sowie in ihrem Internetauftritt; dort stehen sie zur Nutzung durch Dritte zur Verfügung. Die Zeitschrift “KammerReport” wird von der Klägerin herausgegeben, vom C.H.Beck-Verlag verlegt und erscheint als Beihefter zu der Zeitschrift “Deutsches Steuerrecht” (DStR), dem Veröffentlichungsorgan der Klägerin (§ 1 Abs. 4 der Satzung). Die Gestaltung des “KammerReports” erfolgt durch die Firma H. I. B., die von der Klägerin auch mit dem Korrekturlesen und dem Setzen der einzelnen Ausgaben im Rahmen des vorgegebenen Designs beauftragt ist. Die Jahresberichte und der “KammerReport” sind auch online verfügbar.

Im März 2007 gab die Klägerin gegenüber der beklagten Künstlersozialkasse an, seit 2006 im Rahmen von Eigenwerbung laufend bzw. in regelmäßiger Wiederkehr gelegentlich – und zwar 2006 in zehn Fällen – selbstständigen “Bildjournalisten, Bildberichterstattern, Pressefotografen” Aufträge erteilt zu haben. Auf Nachfrage der Beklagten korrigierte sich die Klägerin im Mai 2007 dahin, als juristische Person des öffentlichen Rechts bereits kein Unternehmen i. S. von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG zu sein. Sie betreibe weder Werbung für Dritte noch Eigenwerbung. Ihre gesamte Pressearbeit und Kommunikation diene lediglich der Erfüllung ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben. Sie verbinde mit ihren gedruckten bzw. im Internet abrufbaren Publikationen weder die Absicht, Gewinn zu erzielen noch Mitglieder zu werben. Der Informationsgehalt stehe eindeutig im Vordergrund. Der Deutsche Steuerberaterkongress diene wie die von ihr angebotenen Seminare in erster Linie der Fortbildung der Berufsangehörigen und nicht der Werbung (Schreiben vom 29.5.2007).

Die Beklagte stellte dennoch die Abgabepflicht nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG fest, weil die Klägerin Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreibe und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteile (Bescheid vom 5.6.2007). Für das Jahr 2006 setzte sie auf Basis eines geschätzten Gesamtentgelts von 86 000 Euro die KSA auf 4730 Euro fest (Bescheid vom 15.8.2007). Nachdem die Klägerin die gezahlten Entgelte mit 3812 Euro angegeben hatte, senkte die Beklagte die zu entrichtende KSA auf 209,66 Euro (Bescheid vom 2.10.2007); dieser Betrag ist von der Klägerin dann auch gezahlt worden. Die Widersprüche blieben erfolglos (gemeinsamer Widerspruchsbescheid vom 29.10.2007).

Das SG hat die auf Aufhebung der Bescheide der Beklagten, auf Feststellung, dass eine Abgabepflicht der Klägerin nach dem KSVG nicht besteht, sowie auf Erstattung der für das Jahr 2006 bereits entrichteten KSA gerichteten Klagen abgewiesen (Urteil vom 22.9.2010). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 30.11.2012): Die öffentlich-rechtliche Organisationsform der Klägerin stehe ihrer Einstufung als Betreiberin eines Unternehmens i. S. des § 24 KSVG nicht entgegen. Die Klägerin betreibe auch Öffentlichkeitsarbeit i. S. des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG, weil sie sich mit ihren Publikationen durch den Aufbau und die Pflege von Kommunikationsbeziehungen um das Verständnis und das Vertrauen der Öffentlichkeit bemühe. Sie könne sich nicht darauf berufen, mit ihrem breiten und an die gesamte Öffentlichkeit gerichteten Informationsangebot lediglich ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen. Dies zeigten u. a. die ins Internet gestellten Pressefotos von Veranstaltungen und die Bilder rund um den Beruf und die Tätigkeit von Steuerberatern, die Dritte jederzeit für die eigene Presse- und Medienarbeit abrufen und verwenden könnten. Die Öffentlichkeitsarbeit diene den Zwecken des eigenen Unternehmens, weil eine positive Darstellung der gesetzlich zugewiesenen Tätigkeit in der Öffentlichkeit verfolgt werde. Es gebe weder im Gesetz selbst noch in den Gesetzesmaterialien Hinweise darauf, dass Öffentlichkeitsarbeit die Abgabepflicht nur dann auslösen könne, wenn sie auf das Erzielen von Einnahmen abziele. Auf die Frage, ob die Klägerin darüber hinaus Öffentlichkeitsarbeit für ihre Mitglieder bzw. die Gesamtheit der Steuerberater und damit für Dritte i. S. des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG betreibe, komme es daher nicht an.

Ihre Revision stützt die Klägerin darauf, kein Unternehmen im Sinne des § 24 KSVG zu sein. Die erstellten Fotografien dienten auch nicht der Öffentlichkeitsarbeit “für Zwecke des eigenen Unternehmens”. Darüber hinaus erhebt die Klägerin grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die KSA-Pflicht. Die enge Verbindung zwischen den Vermarktern/Verwertern und den selbstständigen Künstlern/Publizisten, auf deren Grundlage das BVerfG die KSA als gerechtfertigt angesehen habe (BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr. 1), gebe es heutzutage nicht mehr. Mit dem Internet bestünden mittlerweile weitreichende Möglichkeiten für Künstler und Publizisten, ihre Werke selbst zu vermarkten, sodass die vom BVerfG im Jahre 1987 angenommene “symbiotische Verbindung” beider Gruppen nicht mehr bestehe. Die KSA sei auch kein Sozialversicherungsbeitrag, sondern eine verfassungswidrige Sonderabgabe. Schließlich verstoße die KSA wegen des Vollzugsdefizits bei der Erfassung der abgabepflichtigen Unternehmen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG. Zumindest sei § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG dahin verfassungskonform auszulegen, dass eine Auftragserteilung an selbstständige Künstler und Publizisten in dem von der Klägerin praktizierten Umfang jedenfalls noch nicht ausreiche, um als “nicht nur gelegentlich” zu gelten.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30.11.2012 und des Sozialgerichts Berlin vom 22.9.2010 zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 5.6.2007 und 15.8.2007, geändert durch Bescheid vom 2.10.2007, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2007 aufzuheben.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die in der Revisionsbegründungsschrift vom 21.2.2013 zusätzlich enthaltenen Anträge auf Feststellung, dass die Klägerin nicht der Pflicht zur Abführung der KSA an die Beklagte unterliegt, sowie auf Erstattung des bereits gezahlten KSA-Betrages von 209,66 Euro (Anträge zu 5. und 6.) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist zwar zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das LSG hat die Klageabweisung durch das SG zu Recht bestätigt. Der Erfassungsbescheid der Beklagten vom 5.6.2007 und der Abgabebescheid vom 2.10.2007 sind rechtmäßig. Der Schätzungsbescheid vom 15.8.2007 ist nicht Streitgegenstand, weil er durch den Abgabebescheid vom 2.10.2007 vollständig ersetzt worden ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Beschränkung des im Revisionsverfahren gestellten Antrags auf die Aufhebung der angefochtenen Bescheide (Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG) war sachgerecht, weil dem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin schon damit in vollem Umfang Rechnung getragen werden kann.

Die Anfechtungsklage konnte aber keinen Erfolg haben. Die Klägerin betreibt ein nach
§ 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen. Die Festsetzung der KSA für das Jahr 2006 auf 209,66 Euro ist nicht zu beanstanden. Die von der Klägerin erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das KSVG teilt der erkennende Senat nicht.

1. Der Erfassungsbescheid vom 5.6.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2007 stellt rechtmäßig die Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG fest, weil sie für Zwecke des eigenen Unternehmens Öffentlichkeitsarbeit betreibt und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten erteilt.

aa) Der Unternehmensbegriff ist nicht auf Einrichtungen beschränkt, die erwerbswirtschaftlich oder mit der Absicht der Gewinnerzielung am Markt agieren. Auch öffentlich-rechtlich verfasste Einrichtungen, die (nur) die ihnen gesetzlich oder satzungsgemäß zugewiesenen Aufgaben erfüllen, können die Werke und Leistungen selbstständiger Künstler und Publizisten nutzen und sind in diesem Sinne Verwerter von Kunst und Publizistik. Deshalb sind diese Einrichtungen von der Abgabepflicht auch nicht ausgenommen (BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 27; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 4 RdNr 7; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 6 und 10). Die spezifische Solidaritäts- und Verantwortungsbeziehung zwischen selbstständigen Künstlern und Publizisten auf der einen Seite und den Vermarktern und Verwertern von Kunst und Publizistik auf der anderen Seite beruht nämlich nicht darauf, dass mit der Inanspruchnahme der Werke und Leistungen selbstständiger Künstler und Publizisten Gewinne erzielt oder überhaupt erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgt werden, sondern darauf, dass die Verwerter und Vermarkter bei der Inanspruchnahme solcher Werke und Leistungen eine arbeitgeberähnliche Position einnehmen (BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr 1; BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 27; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 4 RdNr 7; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15 S 97 f). Für das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber einer Bilderserie für eine Informationsbroschüre und dem Fotografen ist es ohne Bedeutung, ob der Auftraggeber mit der Broschüre Geld verdienen will oder seinem öffentlich-rechtlich begründeten Auftrag zur Vertretung der Interessen seiner Mitglieder nachkommt. Der Gesetzgeber sieht für die Pflicht zur Leistung der KSA nicht eine kommerzielle Vermarktung künstlerischer oder publizistischer Leistungen, sondern allgemein deren Inanspruchnahme und Verwertung für eigene Zwecke als maßgeblich an (BT-Drucks 11/2964 S 13). Daher ist die KSA auch dann abzuführen, wenn öffentlich-rechtlich verfasste Einrichtungen bei der Verwertung von Kunst oder Publizistik gerade in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe tätig werden (BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 27; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 4 RdNr 7; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15 S 97 f). Ein übergeordneter, dritter Zweck der Nutzung der künstlerischen und publizistischen Leistungen ist gerade nicht erforderlich (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15 S 98).

bb) Für den Unternehmensbegriff des KSVG wird neben einer nachhaltigen Tätigkeit die Absicht der Erzielung von Einnahmen gefordert (vgl BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 29 mwN); diese Voraussetzung ist hier ebenfalls erfüllt. Der Senat hat es stets als ausreichend angesehen, wenn zwischen der Verwertung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen und der Erzielung von Einnahmen nur eine mittelbare Verbindung besteht. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts finanziert sich durch Beiträge oder Haushaltszuweisungen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben erhält (BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 29; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 4 RdNr 7; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15 S 97 f; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 8 S 42 f). Die Finanzausstattung der Klägerin besteht ausschließlich aus öffentlich-rechtlichen Beiträgen ihrer Mitglieder (§ 87 StBerG). Soweit eine Körperschaft sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch der Werke oder Leistungen von Künstlern oder Publizisten bedient, besteht auch – in einem weiteren Verständnis – die Absicht zur Erzielung von Einnahmen.

cc) Die Klägerin kann ihre Auffassung, kein Unternehmen iS des § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG zu sein, weil sie keine Gewinnerzielungsabsicht habe, nicht auf § 24 Abs 2 KSVG stützen, wonach “ferner” Unternehmen zur KSA verpflichtet sind, die nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteilen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke des eigenen Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen. Denn hiermit sollten nur weitere Unternehmen – im Sinne eines Auffangtatbestandes – in die Abgabepflicht einbezogen werden, die nicht unter den Katalog der typischen Verwerter des § 24 Abs 1 KSVG fallen, aber in vergleichbarer Weise immer wieder künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen nutzen. Gedacht war hierbei zB an Unternehmen, in denen Produkte oder Verpackungen künstlerisch gestaltet werden (vgl BT-Drucks 11/2979 S 7 Nr 6). Das zusätzliche Merkmal der Einnahmenerzielung im Zusammenhang mit der Nutzung wurde als erforderlich angesehen, um zB das bloße Ausschmücken von Gebäuden mit Kunstwerken nicht abgabepflichtig werden zu lassen (Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 24 RdNr 200). Der Senat hat hierzu bereits entschieden, dass das Merkmal der Einnahmenerzielung in § 24 Abs 2 KSVG zur konkreten Abgrenzung des Tatbestandes dient und nichts darüber besagt, inwieweit das Gesetz überhaupt die Erzielung von Einnahmen verlangt (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 6 S 32 f).

dd) Soweit die Klägerin auf die teilweise abweichende Auslegung des Unternehmensbegriffs durch den EuGH in den Urteilen vom 16.3.2004 – C-264/01 (Celex-Nr 62001CJ0264) und vom 5.3.2009 – C-350/07 (Slg 2009, I-1513-1568) zur Unternehmenseigenschaft von Krankenkassen und Berufsgenossenschaften verweist, übersieht sie, dass diese Differenz auf der Auslegung des europäischen Wettbewerbs- und Vergaberechts beruht. Die Auslegung des Unternehmensbegriffs durch den EuGH ist bereits wegen dessen anderweitiger Zielsetzung auf das nationale Sozialversicherungsrecht bzw das KSVG nicht übertragbar. Der Senat hat hierzu bereits entschieden, dass im Künstlersozialversicherungsrecht ein sozialversicherungsrechtlicher, am Zweck des KSVG ausgerichteter Unternehmerbegriff gilt (BT-Drucks 11/2964 S 18; BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 27; BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 2 und 3). Die ausdrückliche Erwähnung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts im KSVG war entbehrlich, weil auch sie unter den Begriff des Unternehmens im sozialversicherungsrechtlichen Sinn fallen (BT-Drucks 11/2964 S 18 zu Nr 5 – § 24 Abs 1, 2 KSVG). Zudem wäre die Ausklammerung öffentlicher Auftraggeber eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung gerade dieser Verwerter, obgleich sich ihre Stellung im Verhältnis zu den selbstständigen Künstlern und Publizisten von derjenigen privater Auftraggeber in der Regel nicht unterscheidet (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 15 S 98).

b) Die Klägerin betreibt mit ihrem Internetauftritt, ihren Jahresberichten und dem “KammerReport” Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen iS des § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG und nutzt dabei die Werke von Künstlern.

aa) In den Jahresberichten, im “KammerReport” und im Internetauftritt informiert die Klägerin ua über ihre Veranstaltungen (zB Deutscher Steuerberaterkongress), über ihre Tätigkeit (zB Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben, Teilnahme an internationalen Kongressen, Treffen mit Ansprechpartnern aus Regierung und Politik) sowie über ihre Pressearbeit (zB Pressekonferenzen und Pressemitteilungen). Die Berichte sind vielfach bebildert. Die Jahresberichte und der “KammerReport” sind im Rahmen des Internetauftritts für jedermann abrufbar und stehen damit – anders als ein kennwortgeschützter Bereich des Internetauftritts der Klägerin – der allgemeinen Öffentlichkeit, also nicht nur den Steuerberaterkammern der Länder und deren Mitgliedern, zur Verfügung.

bb) Die Publikationen der Klägerin dienen somit (zumindest auch) der Präsentation der Arbeit der Klägerin in der Öffentlichkeit und nicht nur der fachlichen Unterrichtung ihrer Mitglieder. Sie sind Öffentlichkeitsarbeit im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauchs (vgl. hierzu Duden online: das Bemühen von Organisationen oder Institutionen, z. B. Parteien, Unternehmen oder Ähnlichen, der Öffentlichkeit eine vorteilhafte Darstellung der erbrachten Leistungen zu geben) und damit auch im Sinn des KSVG, wie der Senat zu § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr 7 KSVG bereits entschieden hat. Die Öffentlichkeitsarbeit ist durch das methodische Bemühen eines Unternehmens, einer Institution, einer Gruppe oder einer Person um das Verständnis und das Vertrauen der Öffentlichkeit durch den Aufbau und die Pflege von Kommunikationsbeziehungen gekennzeichnet (BSGE 111, 94 = SozR 4-5425 § 24 Nr 11, RdNr 39; Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 24 RdNr 137). Dass die Klägerin keine Werbung im herkömmlichen Sinne betreibt, um Umsatz und Gewinn zu generieren oder neue Mitglieder zu gewinnen, ist insoweit ohne Bedeutung (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 6 S 33).

c) Die von der Klägerin mit der Erstellung der Fotografien beauftragten Personen sind selbstständige Künstler iS des § 2 KSVG. Fotografen sind dem Bereich der bildenden Kunst zuzuordnen, wenn sie als Fotokünstler, Werbefotografen oder Fotodesigner tätig sind (“Fotokunst”). Als Bildberichterstatter, Fotoreporter, Fotojournalist oder Pressefotograf gehören sie hingegen dem Bereich Publizistik an (“Bildjournalismus”), wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 78, 118 = SozR 3-5425 § 26 Nr 2; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 2 RdNr 17). Diese Unterscheidung war allerdings nur solange von Bedeutung, wie für die Bereiche Wort (Publizistik), Musik, bildende und darstellende Kunst unterschiedliche Abgabesätze (§ 26 KSVG) galten. Da seit dem Jahr 2000 stets einheitliche Vomhundertsätze für die KSA festgesetzt werden müssen (vgl. § 26 Abs. 1 KSVG), ist diese Differenzierung bedeutungslos geworden. Nicht vom KSVG erfasst sind aus der Berufsgruppe der selbstständigen Fotografen nur die handwerklich tätigen Fotografen (Fotografenmeister).

Nach den Feststellungen des LSG und den zu den Akten gereichten Rechnungen hat die Klägerin die Aufträge nicht handwerklich tätigen Fotografen erteilt, sondern Personen, deren Tätigkeitsbereich sowohl die künstlerische Fotografie als auch die Bildreportage umfasst. Dies gilt sowohl für die Bilderserien von Veranstaltungen als auch für die “Porträtshootings”. Die künstlerische Gestaltung von Einladungsschreiben und Weihnachtskarten durch einen im Bereich “Communication design” tätigen Diplom-Designer (vgl Rechnungen vom 20.7. und 7.12.2007) ist ebenfalls dem Bereich der bildenden Kunst zuzuordnen (Fotodesign, Produktdesign, Kommunikationsdesign).

d) Die Beauftragung der Fotografen erfolgt auch “nicht nur gelegentlich”. Der Senat hat hierzu bereits entschieden, dass eine Beauftragung im Umfang von jährlich durchschnittlich fünf Aufträgen als “nicht nur gelegentlich” i. S. des § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG einzustufen ist (BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 9 RdNr 15). Diese Auslegung wird bestätigt durch die am 1.1.2015 in Kraft tretende Einführung einer Geringfügigkeitsgrenze in § 24 Abs. 3 Satz 1 KSVG durch das Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes (Künstlersozialabgabestabilisierungsgesetz – KSAStabG) vom 30.7.2014 (BGBl I 1311). Danach erfolgt eine Auftragserteilung auch dann “nur gelegentlich”, wenn die Summe der Entgelte nach § 25 KSVG aus einem Kalenderjahr 450 Euro nicht übersteigt. Der Gesetzgeber hat also keinen Anlass gesehen, die Rechtsprechung des Senats zum Tatbestandsmerkmal “nicht nur gelegentlich” iS des § 24 Abs 1 Satz 2 KSVG zu korrigieren. Denn die zusätzlich eingeführte Geringfügigkeitsgrenze knüpft insoweit nicht an der Anzahl der jährlichen Aufträge, sondern am Umfang des jährlichen Gesamtentgeltvolumens an (§ 24 Abs 3 Satz 1 KSVG nF zum 1.1.2015).

Die Klägerin hat nach den insoweit mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG im Jahr 2006 zehn Aufträge erteilt. Auch in der Folgezeit ab 2007 sind in ähnlicher Größenordnung Aufträge an selbstständige Fotografen vergeben worden. Eine Beschränkung der Feststellung der KSA-Pflicht der Klägerin auf die Zeit bis zum 31.12.2014 war ausgeschlossen, weil die Summe der jährlich an Fotografen gezahlten Honorare die ab 1.1.2015 geltende Geringfügigkeitsgrenze deutlich überschritt.

e) Wenn – wie hier – für die Tätigkeit eines Unternehmens wenigstens ein Abgabetatbestand des § 24 KSVG für den gesamten erfassten Zeitraum zutrifft, steht seine grundsätzliche Abgabepflicht und damit die materiell-rechtliche Rechtmäßigkeit des Erfassungsbescheides fest. Es bedarf daher keiner Entscheidung zu der Frage, ob daneben noch weitere Abgabetatbestände erfüllt sind. So kann vorliegend insbesondere dahinstehen, ob neben den Foto- und Designarbeiten auch die Tätigkeit der Firma H. I. B. im Zusammenhang mit der Gestaltung des “KammerReports”, dem Layout der Jahresberichte oder dem Webdesign für den Internetauftritt der Klägerin (vgl BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 5; BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 7) von der Abgabepflicht erfasst sein könnten.

2. Der Abgabebescheid vom 2.10.2007 ist nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des LSG und den zu den Akten gereichten Rechnungen des Jahres 2006 sind die gezahlten Honorare zutreffend erfasst und mit dem Abgabesatz von 5,5 % (vgl § 1 der Künstlersozialabgabe-Verordnung 2006, BGBl I 2005, 2609) belegt worden. Rechenfehler sind weder ersichtlich noch von der Klägerin geltend gemacht worden.

3. Die normativen Grundlagen der angefochtenen Bescheide sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Damit fehlt es auch an den Voraussetzungen für eine Vorlage an das BVerfG nach Art 100 Abs 1 GG, der die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes voraussetzt (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl 2014, Art 100 RdNr 10 mwN).

a) Die Klägerin stützt ihre verfassungsrechtlichen Bedenken in erster Linie darauf, aufgrund neuer Vermarktungsmöglichkeiten für selbstständige Künstler und Publizisten im Internet sei die besondere Verantwortung von Kunstverwertern und Kunstvermarktern für selbstständige Künstler und Publizisten (“symbiotisches, kulturgeschichtlich gewachsenes Verhältnis”) entfallen, die nach der Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr 1) die verfassungsrechtliche Grundlage der KSA als einem fremdnützigen Sozialversicherungsbeitrag bildet.

Dem kann nicht gefolgt werden. Künstler haben sich schon immer (auch) selbst vermarktet. Das Internet hat diese Option nicht eröffnet, sondern nur die Vermarktungs- und Vertriebsmöglichkeiten erhöht, allerdings sowohl durch die Künstler selbst als auch durch die Verwerter, wie die große Zahl von Aufträgen an Webdesigner zur künstlerischen Gestaltung von Internetauftritten gewerblicher und nicht gewerblicher Unternehmen belegt (dazu BSG SozR 4-5425 § 2 Nr 5 RdNr 14). Auch das KSVG hat von Anfang an beide Vermarktungswege – also sowohl die Fremdvermarktung über Unternehmen nach § 24 KSVG als auch die Selbstvermarktung durch die Künstler und Publizisten selbst – berücksichtigt. Das BVerfG hat hierzu bereits entschieden, dass möglichen Verschiebungen zwischen den beiden Bereichen im Wege einer evtl Anpassung des Bundeszuschusses (§ 34 KSVG) zu berücksichtigen sind (BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 15 f). Nach der Systematik des KSVG lässt damit eine Erhöhung des Anteils der Selbstvermarkter gerade nicht die Rechtfertigung der KSA in der besonderen Verantwortungsbeziehung zwischen selbstständigen Künstlern und Vermarktern entfallen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn dem Bereich der Fremdvermarktung durch die in § 24 KSVG aufgeführten Unternehmen gegenüber dem Bereich der Selbstvermarktung keine nennenswerte Bedeutung mehr zukommt. Dies ist derzeit in keiner Weise ersichtlich. Es ist Sache des Gesetzgebers, im Rahmen seiner Verantwortung (auch) für die soziale Sicherung von Künstlern und Publizisten zu entscheiden, ob das die KSA in der Sache legitimierende Verhältnis von Verwertern und Künstlern noch besteht oder Nachjustierungen geboten sind. Der Gesetzgeber hat sich mit dem KSAStabG vom 30.7.2014 (BGBl I 1311) eindeutig zur Fortführung der bisherigen Konzeption der Künstlersozialversicherung bekannt. Für die Vorstellung, die tragenden Grundlagen der vom BVerfG ausdrücklich gebilligten Form der Finanzierung der sozialen Sicherung von Künstlern auch durch eine Abgabe der Verwerter seien vollständig entfallen, sieht der Senat keine Grundlage. Deshalb ist für eine Vorlage nach Art 100 Abs. 1 GG kein Raum.

b) Auch der Einwand der Klägerin, bei der KSA handele es sich nicht um einen Sozialversicherungsbeitrag, sondern um eine Sonderabgabe, wobei die an eine solche zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht erfüllt seien, greift nicht durch.

Die Klägerin stützt diesen Einwand auf ein Zitat aus der Entscheidung des EuGH vom 8.3.2001 – C-68/99 (SozR 3-6050 Art 13 Nr 12 S 42), wonach die Bundesrepublik Deutschland in einem Vertragsverletzungsverfahren bestritten habe, dass es sich bei der KSA um einen Sozialversicherungsbeitrag handle. Die Abgabe komme der Gesamtheit der versicherten selbstständigen Künstler und Publizisten zugute und sei demnach nicht dazu bestimmt, die soziale Sicherheit jedes Einzelnen von ihnen für sich genommen zu gewährleisten. Außerdem unterscheide sich ihre Bemessungsgrundlage von derjenigen für die von den Künstlern und Publizisten selbst zu entrichtenden Beiträge. Die KSA erweise sich damit in Wirklichkeit als “parafiskalische Abgabe”, die alle in Deutschland ansässigen Verwerter der Werke von Künstlern und Publizisten treffe. Die Klägerin zieht aus diesem Zitat den Schluss, dass die KSA damit die verfassungsrechtlichen Anforderungen des BVerfG an Sonderabgaben zu erfüllen habe. Sie geht damit scheinbar selbstverständlich davon aus, dass der Begriff der “parafiskalischen Abgabe” gleichbedeutend ist mit dem Begriff der “Sonderabgabe” im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 67, 256, 274 ff; BVerfGE 75, 108 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 4). Dem ist nicht zu folgen. Für das deutsche Recht steht auf der Grundlage der Rechtsprechung des BVerfG fest, dass die KSA eine besondere Form des Sozialversicherungsbeitrags ist. Wie sie ansonsten im Rahmen der finanzverfassungsrechtlichen Debatte insbesondere im Kontext des EU-Rechts zu qualifizieren ist und was daraus folgen würde, wenn die KSA in diesem Begriffskontext auch als “parafiskalische Abgabe” zu qualifizieren wäre, kann auf sich beruhen. Stellungnahmen der Bundesregierung in laufenden Verfahren vor dem EuGH, die im Sachverhalt eines EuGH-Urteils mitgeteilt werden, vermögen schon im Ansatz an der von der Rechtsprechung des BVerfG vorgenommenen Deutung der KSA nichts zu ändern.

c) Letztlich lässt sich auch ein die Verfassungswidrigkeit der KSA begründendes Vollzugsdefizit nicht feststellen.

Die Klägerin bezieht sich dazu auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit einer Besteuerung wegen deren mangelhafter Durchsetzung (u. a. Urteil des BVerfG vom 9.3.2004 – 2 BvL 17/02 – zur Spekulationssteuer, BVerfGE 110, 94). Danach verlangt der Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen. Dabei ist verfassungsrechtlich verboten der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregel. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne Weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts. Ob diese für das Steuerrecht entwickelte Rechtsprechung ohne Weiteres auf das Sozialversicherungsrecht zu übertragen ist, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, da ein evtl. Vollzugsdefizit bei der Erhebung der KSA nicht auf den gesetzlichen Regelungen des KSVG, sondern allein auf dem Vollzugsverhalten der zuständigen Behörden beruhte, was nicht zur Verletzung des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs. 1 GG führen kann.

Nach dem Allgemeinen Teil der Begründung zum Entwurf des am 1.1.2015 in Kraft tretenden KSAStabG (BT-Drucks 18/1530, S 11) wurde durch das Dritte Gesetz zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze vom 12.6.2007 (BGBl I 1034) die Prüfung der Arbeitgeber im Vierjahresturnus auch hinsichtlich der KSA durch die Prüfdienste der Träger der Deutschen Rentenversicherung festgelegt. In den Jahren 2007 bis 2011 hätten sich die Prüfdienste der Träger der Deutschen Rentenversicherung zunächst erfolgreich auf die Neuerfassung von abgabepflichtigen Unternehmen und deren Prüfung konzentriert. Dazu sei ein Kontingent von 280 000 Arbeitgebern angeschrieben und teilweise vor Ort geprüft worden. Ab dem Jahr 2011 sei dann allerdings das Abgabeverfahren eingeschränkt und damit die Prüftätigkeit im Hinblick auf die Neuerfassung erheblich reduziert worden. Eine Prüfung des Verwerterbestandes habe bis Mitte 2013 nicht stattgefunden, sodass aus der Prüftätigkeit zwischenzeitlich kaum noch Einnahmen erzielt worden seien. Für das Jahr 2013 und 2014 hätten die Prüfdienste der Träger der Deutschen Rentenversicherung die Anzahl der KSA-Prüfungen wieder auf 70 000 pro Jahr erhöht. In diesem Kontingent seien erstmals jeweils 5 000 Prüfungen von Arbeitgebern enthalten, die zum Verwerterbestand der Künstlersozialkasse gehören. Die Einnahmen aus den Arbeitgeberprüfungen seien durch die Ausweitung der Prüftätigkeit leicht angestiegen. Ab 2015 werde die Deutsche Rentenversicherung ihre Prüftätigkeit im Verhältnis zur bisherigen Praxis massiv ausweiten sowie durch Information und Beratung der Arbeitgeber sicherstellen, dass alle Arbeitgeber regelmäßig mit der KSA befasst werden. Die künftig vorzunehmende Auswahl der zu prüfenden Arbeitgeber erfolge effizienzorientiert und risikobasiert, damit die Belastung für Wirtschaft und Verwaltung künftig minimiert und gleichzeitig Abgabegerechtigkeit hergestellt werde.

Die Gesetzesmaterialien beschreiben damit zwar für den Zeitraum 2011 bis Mitte 2013 in der Tat einen Vollzugsmangel. Dieser beruht aber gerade nicht auf den gesetzlichen Grundlagen, sondern auf einer Veränderung der Prüfpraxis durch die zuständigen Behörden. Solche Vollzugsmängel der Verwaltung können aber auch im Steuerrecht nicht zur Verfassungswidrigkeit der materiellen Steuernorm führen (BVerfGE 110, 94, 113). Nachdem gleichzeitig davon ausgegangen werden kann, dass nach der letzten Korrektur der gesetzlichen Regelungen über die Prüfung der KSA in den Jahren 2007 bis 2010 eine ordnungsgemäße Prüfung durch die zuständigen Behörden erfolgen konnte, ist nicht davon auszugehen, dass die Vollzugsmängel auf eine in den Verantwortungsbereich des Gesetzgebers fallende strukturell gegenläufige Erhebungsregel zurückzuführen sind. Nur eine solche gesetzlich begründete Widersprüchlichkeit in der Rechtslage könnte aber die Verfassungswidrigkeit des materiellen Abgabetatbestandes begründen (BVerfG, aaO). Für ein rein verwaltungsmäßiges Vollzugsdefizit sprechen auch die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 18/1530 S 3), wonach für die Ausweitung der Prüfungen gegenüber der bisherigen Praxis ein Personalbedarf bei der Deutschen Rentenversicherung von 233 Personen geschätzt wird.

Auch aus dem Umstand, dass mit dem zum 1.1.2015 in Kraft tretenden KSAStabG die Regelungen der KSA-Prüfung nach § 28p SGB IV und § 35 KSVG neu gefasst worden sind, kann nicht auf die Verfassungswidrigkeit der KSA für die Zeit bis zum 31.12.2014 wegen strukturell gegenläufiger Erhebungsregeln geschlossen werden. Vielmehr hat der Gesetzgeber diese weitergehenden Erhebungsregeln nur geschaffen, um tatsächlich beobachteten Vollzugsdefiziten der Verwaltung für die Zukunft vorzubeugen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs. 2 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs.2 Satz 1, § 47 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Die Korrektur des Streitwertes für den ersten und zweiten Rechtszug beruht auf § 63 Abs. 3 GKG.

Die Klage betraf vier voneinander zu trennende Streitgegenstände, nämlich (1.) den Erfassungsbescheid vom 5.6.2007, mit dem die grundsätzliche Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG festgestellt wurde, (2.) den Abgabebescheid vom 2.10.2007, mit dem die Höhe der KSA für das Jahr 2006 festgesetzt wurde, (3.) die Feststellungsklage zum Nichtbestehen der Abgabepflicht der Klägerin und (4.) die Erstattung der von der Klägerin bereits bezahlten KSA für das Jahr 2006 in Höhe von 209,66 Euro. Dabei kommt hinsichtlich des für die Streitwertbemessung maßgeblichen wirtschaftlichen Interesses der Klägerin (§ 52 Abs. 1 GKG) sowohl dem Erfassungsbescheid als auch dem Abgabebescheid jeweils eine eigenständige Bedeutung zu. Denn während der Abgabebescheid die von der Klägerin zu zahlende KSA für das Jahr 2006 beziffert, regelt der Erfassungsbescheid grundsätzlich die Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG erst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 5.6.2007 (§ 36a Satz 1 KSVG iVm § 39 Abs. 1 SGB X), weil in dem Bescheid eine rückwirkende Feststellung der Abgabepflicht – wohl eher versehentlich – unterblieben ist. Der Streitwert für den Erfassungsbescheid bemisst sich nach der zu erwartenden KSA in den ersten drei Jahren seiner Geltung (BSG SozR 4-1920 § 52 Nr 5 RdNr 4). Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG vorgelegten Unterlagen hat die Klägerin der Beklagten an selbstständige Künstler gezahlte Honorare für 2007 in Höhe von 5216 Euro, für 2008 in Höhe von 32 398 Euro und für 2009 in Höhe von 5467 Euro gemeldet. Hieraus errechnet sich für 2007 bei einem Abgabesatz von 5,1 % eine zu erwartende KSA in Höhe von 266 Euro, für 2008 bei einem Abgabesatz von 4,9 % eine KSA von 1587 Euro und für 2009 bei einem Abgabesatz von 4,4 % eine KSA von 240 Euro, sodass sich der Streitwert für den Erfassungsbescheid auf 2093 Euro summiert (§ 52 Abs. 1 GKG). Der Streitwert für den Abgabebescheid für das Jahr 2006 beträgt 209,66 Euro (§ 52 Abs. 3 GKG). Entsprechendes gilt für die Leistungsklage auf Erstattung der für das Jahr 2006 von der Klägerin bereits bezahlten Abgabe (§ 52 Abs. 3 GKG). Nachdem das in der Feststellungsklage enthaltene Begehren dem der Anfechtungsklage entspricht, ist der Feststellungsklage neben der Anfechtungsklage gegen den Erfassungsbescheid kein zusätzliches wirtschaftliches Interesse der Klägerin beizumessen. Aus der Addition der Teilstreitwerte von 2093 Euro und zweimal 209,66 Euro ergibt sich der Gesamtstreitwert von 2512,32 Euro (§ 39 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 1 und 3 GKG). Eine Reduzierung des Gesamtstreitwerts für den zweiten und dritten Rechtszug um den Streitwert der jeweils dann doch nicht weiterverfolgten Leistungsklage unterbleibt, weil für die Streitwertbemessung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend ist, die den Rechtszug einleitet (§ 40 GKG). Die Klage-, Berufungs- und Revisionsschrift enthielt jeweils die auf Erstattung der bereits bezahlten KSA gerichtete Leistungsklage, sodass deren Teilstreitwert von 209,66 Euro für den jeweiligen Rechtszug zu berücksichtigen ist.

Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Juli 2014:

Zahlungen an eine OHG unterliegen nicht der Künstlersozialabgabe.

Laut Bundessozialgericht kann bei einer OHG – anders als bei einer GbR – nicht regelmäßig angenommen werden, dass an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werks alle Gesellschafter gemeinschaftlich als selbstständige Künstler oder Publizisten mitwirken. Deshalb handelt es sich bei Zahlungen an eine OHG nicht um ein Entgelt für selbständige Künstler nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz.

Doch Vorsicht: Das Bundessozialgericht stellt klar, dass die Abgabepflicht auf die OHG verlagert sein kann und diese z. B. für Zahlungen an kreativ tätige Gesellschafter Künstlersozialabgabe abführen muss.

Hier geht’s zum Volltext des Urteils:

BUNDESSOZIALGERICHT, Urteil vom 16. Juli 2014, B 3 KS 3/13 R

Leitsätze

1. Zahlungen an eine offene Handelsgesellschaft unterliegen nicht der Künstlersozialabgabe (Fortentwicklung von BSG vom 12.8.2010 – B 3 KS 2/09 R = BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7).

2. Zur Bemessung des Streitwerts, wenn in einem Rechtsstreit zugleich die Feststellung der grundsätzlichen Pflicht zur Abführung der Künstlersozialabgabe (Erfassungsbescheid) und die Festsetzung der Künstlersozialabgabe für einen bestimmten Zeitraum (Abgabenbescheid) angefochten sind und die Regelungszeiträume der Bescheide nicht übereinstimmen (Ergänzung zu BSG vom 30.5.2006 – B 3 KR 7/06 B = SozR 4-1920 § 52 Nr 5).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits sind in allen Instanzen zu 9/10 von der Beklagten und zu 1/10 von der Klägerin zu tragen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 47 791,24 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen an eine offene Handelsgesellschaft (oHG) in die Bemessung der Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) einzubeziehen sind.

Die klagende GmbH & Co KG betreibt ein Unternehmen zur Herstellung von Damenoberbekleidung. In den Jahren 2003 bis 2008 beauftragte sie eine in der Rechtsform der oHG betriebene Werbeagentur (im Folgenden: W oHG) mit der Erstellung von Werbedrucksachen, Kollektionsheften, Katalogen, Plakaten, Messefahnen, Internet-Auftritten und weiteren Werbemitteln. Die Rechnungen der W oHG enthielten neben der vereinbarten Vergütung auch Druck-, Reise- und Übernachtungskosten sowie Kosten für Kurierdienste und Catering. Zusätzlich enthalten war jeweils eine Service-Fee (Dienstleistungsgebühr) in Höhe von 10 vH der Honorare für die selbstständigen Künstler, die die W oHG zur Erfüllung der Aufträge der Klägerin beauftragt hatte. Die auf diese Honorare entfallende KSA führte die W oHG an die Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen ab und berechnete sie der Klägerin. Die von der W oHG beauftragten Künstler stellten hingegen ihre eigenen Honorare der Klägerin unmittelbar in Rechnung, die von dieser an die Künstler überwiesen wurden, nachdem die W oHG die Richtigkeit überprüft hatte. Unabhängig von der W oHG und ohne von dieser in Rechnung gestellte Service-Fee stellte die L GmbH der Klägerin Produktionskostenzuschüsse für TV-Sendungen im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in Rechnung.

Die Beklagte stellte nach einer Betriebsprüfung (25.8.2008 bis 6.4.2009) die Abgabepflicht der Klägerin nach dem KSVG fest und forderte die KSA für die Jahre 2003 bis 2008 in Höhe von insgesamt 42 791,24 Euro nach (kombinierter Erfassungs- und Abgabenbescheid vom 8.4.2009, Widerspruchsbescheid vom 3.7.2009). Die Klägerin sei Eigenwerber nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG, weil sie Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für das eigene Unternehmen betreibe, wobei sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler und Publizisten erteile.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.4.2010). Das LSG hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 9.11.2012 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 13.11.2012). Die Aufträge der Klägerin an die W oHG führten nicht zur Abgabepflicht nach dem KSVG, da die Gesellschafter der oHG nicht als selbstständige Künstler/Publizisten anzusehen seien. Wie bei der Kommanditgesellschaft (KG) und anders als bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) könne bei der oHG als Personenhandelsgesellschaft nicht grundsätzlich angenommen werden, dass an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werkes alle Gesellschafter gemeinschaftlich als selbstständige Künstler oder Publizisten mitwirkten. Die oHG sei als Handelsgesellschaft regelmäßig arbeitsteilig organisiert, sodass nicht davon ausgegangen werden könne, dass alle Gesellschafter im künstlerischen/publizistischen Bereich tätig seien, sondern einzelne Gesellschafter auch organisatorische oder kaufmännische Aufgaben erledigten. Schließlich liege es nahe, dass die künstlerische/publizistische Arbeit (auch) von angestellten Mitarbeitern erledigt werde. Soweit die Beklagte die Abgabepflicht auf die unmittelbare Bezahlung der von der W oHG beauftragten selbstständigen Künstler durch die Klägerin stütze, fehle es an einer Auftragserteilung durch die Klägerin. Auftraggeberin sei jeweils die W oHG.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, nachdem die Klägerin im Revisionsverfahren die Klage gegen die Feststellung der grundsätzlichen Abgabepflicht nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG zurückgenommen hat (Schriftsatz vom 14.2.2014), die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils zur KSA-Schuld für die Jahre 2003 bis 2008. Die oHG ähnele in der Ausgestaltung der Geschäftsführungsbefugnis und der Haftungsverhältnisse eher der GbR als der KG. Zur GbR aber habe das BSG bereits entschieden, dass durch den Zusammenschluss mehrerer künstlerisch tätiger Personen in einer GbR deren Einzel-Selbstständigkeit als “Künstler” in der Regel nicht berührt werde, wenn es um die gemeinschaftliche Erstellung eines oder mehrerer Werke gehe und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Zweckverfolgung nicht iS von § 705 BGB gemeinschaftlich geschehe. Auch bei einem Gesellschafter der oHG könne allein aufgrund seiner Gesellschafterstellung – typischerweise – angenommen werden, dass er sich als selbstständiger Künstler/Publizist iS des § 25 Abs 1 S 1 KSVG an der Herstellung eines gemeinschaftlichen künstlerischen oder publizistischen Werkes beteilige, dh er sich zur gemeinschaftlichen Erstellung eines Werkes verpflichte und mit den anderen Gesellschaftern derart zusammenwirke, dass die künstlerische oder publizistische Tätigkeit gleichsam als Wesensmerkmal seiner Person anzusehen sei. Aufgrund seiner unbeschränkten Haftung werde sich schließlich jeder oHG-Gesellschafter bei der Umsetzung des Gesellschaftszwecks methodisch und zielgerichtet einbringen.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. November 2012 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. November 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. April 2010 zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Zu den Zahlungen der Klägerin an die W oHG hat das LSG zutreffend entschieden, dass es sich nicht um Entgelte für künstlerische/publizistische Werke oder Leistungen eines “selbstständigen Künstlers” iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG handelt, sodass sie nicht der KSA unterliegen.

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Der Sachentscheidung steht insbesondere nicht entgegen, dass die W oHG nicht nach § 75 Abs 2 S 1 1. Alt SGG zum Rechtsstreit beigeladen worden ist. Hiernach ist ein Dritter notwendig zum Rechtsstreit beizuladen, soweit er an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. An einer solchen Beteiligung der W oHG fehlt es hier. Zwar kann der Ausgang des Rechtsstreits auch wirtschaftliche Interessen der W oHG berühren, weil sie ihrerseits als Vermarktungsunternehmen (§ 24 KSVG) zur KSA heranzuziehen sein könnte, wenn Zahlungen an eine oHG aus Rechtsgründen kein Entgelt für selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG (idF von Art 1 Nr 6 Buchst a des Gesetzes zur Änderung des KSVG vom 20.12.1988, BGBl I 2606, geändert durch Art 1 Nr 17 Buchst a DBuchst aa des Zweiten Gesetzes zur Änderung des KSVG und anderer Gesetze vom 13.6.2001, BGBl I 1027 – 2. KSVG-ÄndG) darstellen und diese Vergütungen deshalb nicht der KSA unterliegen. Daher wäre es gerechtfertigt und, wie vom Senat im Zusammenhang mit Zahlungen an eine KG bereits angemerkt (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 9), auch naheliegend gewesen, die W oHG im Wege der (einfachen) und im Revisionsverfahren nicht mehr nachzuholenden (§ 168 S 1 SGG) Beiladung gemäß § 75 Abs 1 S 1 SGG an dem Streitverfahren zu beteiligen. Gleichwohl ist die W oHG in das zwischen der Klägerin und der Beklagten streitige Rechtsverhältnis nicht so eingebunden, dass mit der Entscheidung darüber zugleich notwendig unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingegriffen würde (zu dieser Voraussetzung Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 10 mwN). Denn die Verneinung einer Abgabepflicht der Klägerin ist nicht automatisch gleichbedeutend mit einer Zahlungsverpflichtung der W oHG.

2. Nach Rücknahme der Klage gegen die Feststellung der grundsätzlichen Pflicht der Klägerin zur Abführung der KSA (Erfassungsbescheid) ist im Revisionsverfahren nur noch die Festsetzung der KSA für den Zeitraum 2003 bis 2008 auf insgesamt 42 791,24 Euro streitig. Rechtsgrundlage für diesen Abgabebescheid sind die §§ 23, 25 Abs 1 S 1 KSVG iVm § 27 Abs 1a S 2 KSVG (idF von Art 1 Nr 18 Buchst b 2. KSVG-ÄndG) und § 28p Abs 1a S 3 SGB IV (idF von Art 2 Nr 1 Buchst a 3. KSVG-ÄndG vom 12.6.2007, BGBl I 1034). Hiernach erhebt die Künstlersozialkasse bzw der Träger der Rentenversicherung von den nach § 24 KSVG zur Abgabe Verpflichteten eine Umlage (KSA) nach dem nach § 26 KSVG festzusetzenden Vomhundertsatz der in § 25 KSVG bestimmten Bemessungsgrundlage (§ 23 KSVG). Bemessungsgrundlage der festzusetzenden KSA sind die Entgelte für künstlerische und publizistische Werke oder Leistungen, die ua ein zur Abgabe verpflichtetes Unternehmen – wie hier die Klägerin – nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres “an selbständige Künstler und Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind” (§ 25 Abs 1 S 1 KSVG).

Für den streitigen Zeitraum 2003 bis 2008 ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass die textliche und bildliche Erstellung von Werbedrucksachen, Kollektionsheften, Katalogen, Plakaten, Messefahnen, Internet-Auftritten und weiteren Werbemitteln eine künstlerische und/oder publizistische Leistung iS des § 24 Abs 1 S 2 bzw § 2 KSVG darstellt (vgl hierzu BSG SozR 4-5425 § 24 Nr 7 RdNr 7; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1 RdNr 14). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die zum 1.1.2012 in Kraft getretene Änderung des § 2 S 2 KSVG, wonach Publizist im Sinne des KSVG nur noch derjenige ist, der als Schriftsteller, Journalist oder “in ähnlicher Weise” (statt “in anderer Weise”) publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt (Art 14a Viertes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011, BGBl I 3057); denn hierbei handelt es sich um eine konstitutive Änderung, die ausschließlich auf Aufträge für die Zeit ab 1.1.2012 anzuwenden ist (insoweit missverständlich BT-Drucks 17/7991 S 14 und 18 zu Nr 9 <Art 14a – neu ->, die lediglich von einer Klarstellung spricht). Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber die Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission “Kultur in Deutschland” aufgreifen, als Publizisten iS des § 2 S 2 KSVG nur noch solche Personen zu erfassen, deren Berufsbild und Tätigkeitsfeld sich mit den in § 2 S 2 KSVG genannten Leitberufen des Schriftstellers und des Journalisten gleichsetzen lassen. Durch diese “Schärfung” des bisherigen sehr weitgehenden Tatbestandsmerkmals “in anderer Weise publizistisch tätig” sollte die durch die Rechtsprechung vorgenommene und als zu weitgehend empfundene Auslegung der Begriffe Publizist und Publizistik korrigiert werden (vgl Schlussbericht der Enquete-Kommission “Kultur in Deutschland”, BT-Drucks 16/7000 4.5.1.2, B und C, S 301 und 302). Für die – hier nicht streitige – Zeit ab 1.1.2012 wird jeweils zu prüfen sein, ob Aufträge von Unternehmen zur Erstellung von Werbematerial (zB Broschüren, Flyer) mit textlichem Schwerpunkt, deren Durchführung bislang als eine “in anderer Weise publizistische” Tätigkeit iS des § 2 S 2 KSVG zu werten war, noch von dieser Vorschrift erfasst werden können. Maßgeblich ist nunmehr, ob zB der Inhaber einer einzelkaufmännisch geführten Werbeagentur als Fachmann für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit konkret in ähnlicher Weise publizistisch tätig geworden ist wie ein Schriftsteller oder Journalist.

Vorliegend fehlt es allerdings an einer Zahlung an selbstständige Künstler und Publizisten, weil Zahlungen an eine oHG nicht als Entgelt für selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG anzusehen sind; dies hat das LSG entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen zutreffend entschieden.

a) Abgabenrelevante Honorare iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG sind alle Entgelte, die an versicherungspflichtige Künstler/Publizisten iS von § 1 KSVG gezahlt werden. Darunter fallen selbstständige Künstler und Publizisten, die eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben, soweit sie im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen – es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder sie ist geringfügig iS des § 8 SGB IV. In die Bemessungsgrundlage sind darüber hinaus auch solche Zahlungen einzubeziehen, die an Künstler und Publizisten iS des § 2 KSVG geleistet werden, selbst wenn diese nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig sind. Die Einbeziehung solcher Zahlungen beruht auf der besonderen Verantwortungsbeziehung zwischen den selbstständigen Künstlern und Publizisten einerseits und den Unternehmen andererseits, die ständig Werke solcher Künstler und Publizisten gegen Entgelt in Anspruch nehmen und daraus Einnahmen erzielen. Darin hat der Gesetzgeber ein Verhältnis ähnlich wie das zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gesehen und dem die innere Begründung für die Beteiligung von Kunstvermarktern und -verwertern an der sozialen Absicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten entnommen (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 11 f; zur verfassungsrechtlichen Legitimation von Belastungen mit Sozialversicherungsbeiträgen vgl BVerfGE 75, 108, 158 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 12; s auch BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 10 S 50).

b) Diesen inneren Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme der Leistungen und Werke der selbstständigen Künstler und Publizisten und der Abgabepflicht hat der Gesetzgeber auch nicht dadurch aufgelöst, dass die KSA grundsätzlich auch dann anfällt, wenn die Künstler/Publizisten selbst nicht nach dem KSVG versicherungspflichtig sind. Denn diese Ausdehnung der KSA-Pflicht auf Geschäfte mit Personen, die selbst von der Versicherung nicht begünstigt werden, legitimiert sich nach der gesetzlichen Konzeption allein deshalb, weil zum einen das Erhebungsverfahren vereinfacht wird und zum anderen Wettbewerbsnachteile für versicherungspflichtige Künstler und Publizisten verhindert werden, weil deren – oft gleichartige – Leistungen ansonsten wegen des Einbezugs in die KSA teurer würden (BT-Drucks 9/26 S 17). Der Senat hat deshalb in ständiger Rechtsprechung betont, dass (auch) die (erweiterte) Abgabepflicht unverändert voraussetzt, dass ein Entgelt an Künstler/Publizisten im Sinne des KSVG geleistet sein muss. Diese Eigenschaft kommt aber nur solchen Personen zu, die ihre künstlerische oder publizistische Tätigkeit so nachhaltig ausüben, dass sie als Wesensmerkmal der Person angesehen werden kann (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 13; BSGE 99, 297 = SozR 4-5425 § 2 Nr 13, RdNr 12; SozR 3-5425 § 25 Nr 10 S 50 f).

c) Die vorstehenden Grundsätze gelten allerdings nur für natürliche, nicht hingegen für juristische Personen. Handelt es sich nämlich um eine eigenständige Rechtspersönlichkeit, die ggf selbst als abgabepflichtiges Unternehmen zur KSA heranzuziehen ist, dann fehlt es an dem erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen der Abgabepflicht und der Inanspruchnahme eines Künstlers oder Publizisten (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 14 mwN).

d) Der Senat hat auf dieser Grundlage bereits wiederholt entschieden, dass Entgeltzahlungen an eine GbR iS des § 25 KSVG als Zahlungen an den einzelnen Künstler zu werten sind, soweit selbstständige Künstler ihre Leistung gemeinsam in Form einer GbR erbringen (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 15; SozR 4-5425 § 2 Nr 6 RdNr 14; SozR 4-5425 § 24 Nr 7 RdNr 8; SozR 3-5425 § 24 Nr 11 S 64). Er hat dabei berücksichtigt, dass die GbR zwar auch prozessuale Rechtsfähigkeit besitzen kann, sie jedoch weiterhin keine juristische Person ist (BGHZ 146, 341). Damit fehlt der GbR regelmäßig eine nach außen erkennbare Struktur. Deshalb wird durch den Zusammenschluss mehrerer Personen in einer GbR deren Selbstständigkeit “als Künstler” in der Regel nicht berührt, wenn es um die gemeinschaftliche Erstellung eines oder mehrerer Werke geht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zweckverfolgung nicht iS von § 705 BGB gemeinschaftlich geschieht oder eine Aufgabendelegation außerhalb der GbR vorgenommen wird (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 15; SozR 4-5425 § 2 Nr 6 RdNr 14; SozR 4-5425 § 24 Nr 7 RdNr 8; SozR 3-5425 § 24 Nr 11 S 64). Dies hat der Senat auch daraus geschlossen, dass die Zweckverfolgung innerhalb der GbR nach §§ 705 ff BGB grundsätzlich gemeinschaftlich erfolgt, die Geschäftsführung der GbR nach § 709 BGB grundsätzlich allen Gesellschaftern obliegt und nach § 722 BGB grundsätzlich alle Gesellschafter zu gleichen Teilen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt sind (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18).

e) Diese für die Gesellschafter der GbR als im Regelfall zutreffende Wertung gilt für die Gesellschafter einer oHG nicht in gleicher Weise. Anders als bei der GbR kann bei einer oHG nicht regelmäßig angenommen werden, dass an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werks alle Gesellschafter gemeinschaftlich als selbstständige Künstler oder Publizisten mitwirken.

Zwar ist der Beklagten und der Beigeladenen zuzugestehen, dass bei der oHG – wie bei der GbR – die Zweckverfolgung in der oHG nach §§ 105 ff HGB grundsätzlich gemeinschaftlich geschieht und die Geschäftsführung der oHG nach § 114 Abs 1 HGB grundsätzlich allen Gesellschaftern obliegt. Zu Recht weist schließlich die Beigeladene darauf hin, dass die oHG letztlich eine “GbR mit kaufmännischer Tätigkeit” ist (vgl Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl 2012, § 105 RdNr 1 “Die oHG ist Gesellschaft iSv §§ 705 ff BGB”). Dabei übersieht sie aber, dass gerade diese “kaufmännische Tätigkeit” es ausschließt, die Gesellschafter einer oHG regelmäßig als selbstständige Künstler im Sinne des KSVG anzusehen. Nach § 105 Abs 1 HGB, der insoweit zwingend ist (Hopt, aaO, § 105 RdNr 1, 7 f), ist eine Gesellschaft nur dann oHG, wenn sie auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist (§ 105 Abs 1 HGB). Ein Handelsgewerbe im Sinne des Handelsrechts ist definiert als erkennbar planmäßige, auf Dauer angelegte, selbstständige, auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Tätigkeit am Markt unter Ausschluss freiberuflicher, wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit (Hopt, aaO, § 1 RdNr 12; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl 2014, § 705 RdNr 6). Die Einordnung einer Tätigkeit unter dem Begriff “Gewerbebetrieb” hängt weitgehend davon ab, ob nach der jeweiligen Verkehrsanschauung die entfaltete Tätigkeit von der “Erwerbsabsicht” geformt oder beherrscht wird, ob ihr vorwiegend eine technisch-funktionell ausgerichtete Erwerbsabsicht eigen ist oder ob sie wesentlich von geistigen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Leitgedanken und Kräften bestimmt wird, die sie von dem vornehmlich auf Gewinnerzielung ausgerichteten Tätigsein unterscheiden. Obwohl die Absicht auch bei dieser Art von Tätigkeiten darauf gerichtet sein kann und häufig auch ist, durch sie dauernde Einnahmequellen zu erschließen, wird sie doch nach allgemeiner Überzeugung von anderen Leitgedanken geformt, wie zB bei einem Künstler durch künstlerische Gestaltungselemente (BGHZ 33, 321, 325). Damit ist zwar nicht jede künstlerische Tätigkeit vom Betrieb eines Handelsgewerbes ausgeschlossen. Voraussetzung für den Betrieb eines Handelsgewerbes und damit für die Gründung einer oHG ist hier aber, dass die Künstler ihre Tätigkeit nach außen als gewerbliches Unternehmen und unter Zurücktreten der künstlerischen Betätigung betreiben (Hopt, aaO, § 1 RdNr 20). Für den “nichtgewerblichen” Zusammenschluss von Künstlern (nebst Freiberuflern und Wissenschaftlern) bietet die Rechtsordnung schließlich die Bildung von Partnerschaftsgesellschaften nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) vom 25.7.1994 (BGBl I 1744, zu Einzelheiten vgl BT-Drucks 12/6152 S 7) an, die – soweit sie gebildet ist – von Gesetzes wegen keine Handelsgesellschaft sein kann (§ 1 Abs 1 S 2 PartGG). Daneben soll ausdrücklich die GbR als herkömmliche Organisationsform für die freien Berufe möglich bleiben (BT-Drucks 12/6152 – Begründung, I. Allgemeiner Teil, 1. Einführung, S 7).

Betreiben aber Vertreter der Freien Berufe, der Wissenschaft und der Kunst nach ihrem historisch gewachsenen Berufsbild und der Verkehrsanschauung kein Gewerbe, kann der Betrieb einer oHG nicht auf den (alleinigen) Zweck der Erstellung von künstlerischen oder publizistischen Werken gerichtet sein, sodass auch nicht regelmäßig angenommen werden kann, dass alle Gesellschafter an der Erstellung eines künstlerischen oder publizistischen Werkes gemeinschaftlich als selbstständige Künstler oder Publizisten mitwirken. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass die Frage, ob die Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft als selbstständige Künstler oder Publizisten anzusehen sind oder nicht, im Verhältnis zu einem außenstehenden Kunstvermarkter oder -verwerter (§ 24 KSVG) einer typisierenden Betrachtung bedarf und nicht von den Umständen des Einzelfalls abhängen kann (zur Frage der Zurechnung von Zahlungen an eine KG vgl BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17). Denn für die Eindeutigkeit des Abgabentatbestandes bedarf es leicht feststellbarer Kriterien (BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1 RdNr 18). Dies muss insbesondere für die Festlegung der Kriterien gelten, an Hand derer eine bestimmte Zahlung als abgaberelevant iS des § 25 KSVG einzustufen ist (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17). Deshalb ist allein auf die gewählte Gesellschaftsform abzustellen und nicht auf die Bewertung des Geschäftsbetriebs als “künstlerisch” oder “handelsgewerblich”, welche dem – in die Interna einer oHG nicht eingeweihten – Kunstvermarkter und Kunstverwerter regelmäßig nicht möglich sein wird. Die Höhe der KSA hat sich an den für den außenstehenden Kunstvermarkter erkennbaren Verhältnissen zu orientieren, denn der Abgabepflichtige muss in der Lage sein, die auf ihn entfallende Belastung vorauszuberechnen (BSGE 74, 117, 120 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4 S 16). Auf die Frage, ob eine als oHG konstituierte Werbeagentur nach ihrem Geschäftsmodell ein Handelsgewerbe betreibt, weil Werbefachleute “in der Regel” ein Gewerbe betreiben (Hopt, aaO, § 1 RdNr 20), oder doch eher künstlerisch ausgerichtet ist, kommt es damit nicht an. Allein entscheidend ist der Ausschluss der Zahlungen an eine oHG aus dem Anwendungsbereich des § 25 KSVG wegen der gewählten Rechtsform.

f) Die vorstehenden Ausführungen gelten – ergänzend zu den Ausführungen des Senats in der Entscheidung vom 12.8.2010 (B 3 KS 2/09 RBSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18) – auch für die KG, da auch diese auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist (§ 161 Abs 1 HGB).

3. Es ist im vorliegenden Zusammenhang allerdings darauf hinzuweisen, dass die Abgabepflicht auf die W oHG verlagert sein kann, soweit sie selbst sich selbstständiger Künstler zur Erledigung der von der Klägerin erteilten Aufträge bedient hat. Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Zwischenschaltung eines selbstständigen Kunstverwerters zwischen Künstlern oder Publizisten und der letzten Vermarktungs- oder Verwertungsstufe nicht den Wegfall der KSA-Pflicht, sondern eine Verlagerung der Abgabepflicht auf diesen Zwischenverwerter bedeuten kann (vgl zuletzt BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19 mwN). Nach § 24 KSVG abgabepflichtige Unternehmen können von natürlichen und juristischen Personen, aber auch von Personengesellschaften betrieben werden (BSG, aaO, mwN). Der KSA-Pflicht unterlägen dann alle Zahlungen, die die W oHG ihrerseits an selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG bewirkt hat. Dies könnten zB auch Zahlungen an ihre Gesellschafter sein, wenn sie – auch soweit sie in einem Anstellungsverhältnis zur oHG stehen – einen maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft haben und deshalb als Selbstständige anzusehen sind (vgl BSGE 82, 107, 108 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 61 f; SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 ff) und zudem künstlerische oder publizistische Leistungen iS von § 2 KSVG erbracht haben.

Daher sind die Honorare, die an den Werbefotografen K für die Erstellung von Werbefotografien gezahlt worden sind, zu Recht von der W oHG mit der KSA belegt worden. Die Werbefotografien sind zwar absprachegemäß der Klägerin unmittelbar in Rechnung gestellt und von dieser bezahlt worden. Dies diente offenbar aber lediglich einer Vereinfachung des Zahlungsweges und der Vermeidung der Gefahr des doppelten Anfalls der KSA auf diese Honorare. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und für den erkennenden Senat daher bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG sind die Aufträge zur Erstellung der Werbefotografien unmittelbar von der W oHG erteilt worden, die dabei im eigenen Namen und nicht etwa namens und in Vertretung der Klägerin gehandelt hat. Der Werklohnanspruch des Werbefotografen K (§ 631 BGB) richtete sich daher unmittelbar gegen die W oHG, auch wenn in Absprache der Beteiligten die Rechnungen auf die Klägerin ausgestellt worden sind und von dort – nach Prüfung und Freigabe der Rechnung durch die W oHG – die Bezahlung erfolgt ist. Als Schuldnerin der Honorare hat die W oHG auch – folgerichtig – die KSA abgeführt und sich diese später von der Klägerin erstatten lassen. Im Verhältnis zur Beigeladenen war die W oHG als Schuldnerin der Honorare die abgabepflichtige Kunstverwerterin (§ 24 KSVG), nicht aber die Klägerin. Da die Honorare an den Werbefotografen K von der Klägerin unmittelbar gezahlt worden sind, tauchen diese auch nicht in den Rechnungen auf, die die W oHG der Klägerin für die Durchführung der diversen Aufträge erteilt hat. Dies wiederum hat zur Folge, dass diese Honorare auch nicht in die Berechnungen der Beklagten zur Festlegung der von der Klägerin abzuführenden KSA für die Jahre 2003 bis 2008 eingeflossen sind. Der Gesamtbetrag von 42 791,24 Euro enthält also – zu Recht – keinen Anteil für die KSA auf die Honorare des Werbefotografen K Schuldnerin dieser KSA war allein die W oHG.

4. Aus der Beauftragung der L GmbH kann bereits deshalb eine Abgabepflicht nicht folgen, da diese eine juristische Person ist und deshalb kein selbstständiger Künstler im Sinne des KSVG sein kann. Dementsprechend unterlagen auch die Vergütungen an die Werbematerial liefernde, nach Feststellung des LSG von der W oHG unmittelbar beauftragte U GmbH nicht der KSA-Pflicht.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 155 Abs 2 und § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Sie berücksichtigt das Verhältnis der Bedeutung des Erfassungsbescheides, hinsichtlich dessen die Klägerin die Klage mit der Kostenfolge des § 155 Abs 2 VwGO zurückgenommen hat, zu dem Abgabenbescheid, der von der Klägerin mit Erfolg angefochten worden ist (§ 154 Abs 1 und 2 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten (§ 162 Abs 3 VwGO).

6. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 und § 52 Abs 1 und 2 GKG, wobei die teilweise Klagerücknahme während des Revisionsverfahrens unberücksichtigt bleiben musste (§ 40 GKG). Die Korrektur der Streitwertfestsetzung für den ersten und zweiten Rechtszug beruht auf § 63 Abs 3 GKG.

Die Klage betraf – bis zu ihrer teilweisen Rücknahme – zwei voneinander zu unterscheidende Streitgegenstände, nämlich (1.) die Erfassungsentscheidung (erster Verfügungssatz), mit der die grundsätzliche Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG festgestellt worden und die mit der Klagerücknahme bestandskräftig geworden ist, und (2.) die Festsetzung der KSA für die Jahre 2003 bis 2008 (zweiter Verfügungssatz), die bis zuletzt im Revisionsverfahren zwischen den Beteiligten streitig war. Dabei kommt hinsichtlich des für die Streitwertbemessung maßgeblichen wirtschaftlichen Interesses der Klägerin sowohl der Abgabeverfügung als auch der Erfassungsverfügung jeweils eine eigenständige Bedeutung zu (Abgrenzung zu BSG Urteil vom 25.11.2010 – B 3 KS 1/10 R – RdNr 32, insoweit in SozR 4-5425 § 2 Nr 18 nicht abgedruckt). Denn während die Abgabeverfügung die von der Klägerin zu zahlende KSA für die Jahre 2003 bis 2008 beziffert, regelt die Erfassungsverfügung die grundsätzliche Abgabepflicht der Klägerin nach § 24 Abs 1 S 2 KSVG erst ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides vom 8.4.2009 (§ 36a S 1 KSVG iVm § 39 Abs 1 SGB X), weil in dem Bescheid eine rückwirkende Feststellung der Abgabepflicht – wohl eher versehentlich – unterblieben ist. Der Streitwert für die auf die Zeit ab 2009 gerichtete Erfassungsverfügung ist mangels genügender Anhaltspunkte für das maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Klägerin mit dem Pauschalwert von 5000 Euro anzusetzen (§ 52 Abs 2 GKG), weil nicht absehbar ist, ob und ggf in welcher Höhe eine KSA zulasten der Klägerin in den Jahren ab 2009 festzusetzen sein wird. Der Abgabebescheid für die Jahre 2003 bis 2008 bietet hierfür keine Anhaltspunkte, weil er rechtswidrig ist und in vollem Umfang aufgehoben werden musste. Aus der Addition der Teilstreitwerte von 5000 Euro und 42 791,24 Euro ergibt sich der Gesamtstreitwert von 47 791,24 Euro.

 


Bundessozialgericht, Urteil vom 2. April 2014:

Gewinnzuweisungen an die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft sind keine Entgelte für künstlerische Leistungen, auch wenn sie teilweise auf einer künstlerischen Tätigkeit der Gesellschafter beruhen. („Costa Cordalis-Urteil“)

Hier geht’s zum Volltext des Urteils:

BUNDESSOZIALGERICHT, Urteil vom 2. April 2014, B 3 KS 3/12 R

Leitsätze

1. Gewinnzuweisungen an die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft sind keine Entgelte für künstlerische Leistungen, auch wenn sie teilweise auf einer künstlerischen Tätigkeit der Gesellschafter beruhen.

2. Das Honorar eines Künstlers für die Mitwirkung als Akteur in einer Fernsehproduktion des Factual Entertainment (hier: DschungelcampSendung “Ich bin ein Star – holt mich hier raus”) unterliegt der Künstlersozialabgabe (Ergänzung zu BSG vom 1.10.2009 – BSG Aktenzeichen B3KS408R B 3 KS 4/08 R = BSGE 104, BSGE Band 104 Seite 265 = SozR 4-5425 § 25 Nr SOZR 4-5425 § 5).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. November 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Bemessungsentgelt für die Künstlersozialabgabe des Jahres 2004 nunmehr 45 870 Euro beträgt.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 19 021,44 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der klagenden Künstler- und Management Kommanditgesellschaft (KG) an die beklagte Künstlersozialkasse (KSK) zu zahlenden Künstlersozialabgabe (KSA) nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) für die Jahre 2002 bis 2004.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Veranstaltung von künstlerischen Darbietungen jeder Art sowie der Erwerb von Urheberrechten aller Art und deren Vermarktung. Im Wesentlichen werden dabei die Werke (Tonträgerproduktion, Kompositionen, Texte von Schlagern) und Auftritte der Künstlergruppe C vermarktet, die aus dem Sänger CC (CC) sowie dessen Sohn, dem Sänger L C (LC) besteht; beide treten oft gemeinsam, manchmal aber auch einzeln auf. Zusätzlich werden auch Auftritte der Tochter A C (AC) als Sängerin gemanagt. Persönlich haftende Komplementärin der KG ist die C GmbH, deren Gesellschafter CC und dessen Ehefrau I C (IC) sind; Kommanditisten waren in jenen Jahren IC, mit der CC im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, die Tochter AC (ausgeschieden zum 17.9.2009), die nicht im Musikgeschäft tätige Tochter E C (EC, ebenfalls ausgeschieden zum 17.9.2009) sowie der Sohn LC. Die Gewinnverteilung richtete sich nach den Anteilen am Gesellschaftskapital der KG, nämlich 35,7142 % für IC sowie je 21,4286 % für die drei Kinder.

Im Jahr 1999 gab es Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt. CC wollte einerseits seine Familie versorgt sowie bestehende Verbindlichkeiten bedient wissen, andererseits aber keine pfändbaren Einkünfte erzielen. Deshalb wurde vereinbart, dass die Klägerin die Vermarktungsrechte für die musikalische Tätigkeit von CC übernimmt, die dafür dessen Steuerschulden bediente. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte die Klägerin alleiniger Vertragspartner der Auftrittsbesteller werden, weshalb sie mit den Auftraggebern (Veranstaltern) Engagementverträge über die entgeltliche Erbringung musikalischer Darbietungen schloss, an denen vornehmlich CC und LC, aber auch AC sowie eine Band teilnahmen. Die Klägerin zahlte der Komplementärin eine Vergütung für deren Haftungsrisiko und das Gehalt ihrer Geschäftsführerin IC.

Um zu vermeiden, dass für die Auftritte der als Künstler tätigen Kommandisten KSA anfällt, wurde am 8.9.2001 vereinbart, dass die Künstler CC, LC und AC “mit Wirkung ab 01.04.1999 unentgeltlich für die Gesellschaft und sämtliche Beteiligten tätig werden”, zugleich verpflichteten sie sich zur Erstattung bereits ausbezahlter Vergütungen. CC, LC und AC erhielten daraufhin im streitigen Zeitraum weder von den Auftraggebern noch von der Klägerin Honorarzahlungen für ihre künstlerischen Tätigkeiten. Die Kommanditisten (IC, LC, AC und EC) erhielten Gewinnzuweisungen entsprechend ihrem gesellschaftsvertraglichen Anteil am Betriebsergebnis der Klägerin, das aus Einnahmen aus der künstlerischen Tätigkeit von CC, LC und AC einerseits sowie aus Merchandising-Erlösen und CD-Verkäufen bzw Ausschüttungen der GEMA bzw GVL andererseits bestand. CC lebte eigenen Angaben zufolge von Einkünften aus dem Ausland.

In den Jahren 2002/2003 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Zeit bis 2001 durch (Schlussprotokolle vom 21.5.2003 und 14.11.2003). Bei der Schlussbesprechung erklärte die Beklagte, dass Bemessungsgrundlage der KSA die gezahlten Entgelte für künstlerische Leistungen an alle selbstständigen Künstler seien. Der Begriff “gezahlt” meine nicht den eigentlichen Zahlungsvorgang, sondern die Verpflichtung zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Gegenleistung, und zwar unabhängig davon, ob der Gläubiger die Zahlung beanspruche. Dabei werde unterstellt, dass ein vergleichbarer Künstler, der nicht zur Familie gehöre, Honorare für seine Leistungen erhalte. Anschließend setzte die Beklagte die KSA für 1999 auf 5255,87 Euro, für 2000 auf 18 002,51 Euro und für 2001 auf 17 904,43 Euro sowie monatliche Vorauszahlungen in Höhe von 1453,78 Euro fest (Betriebsprüfungsbescheid vom 9.1.2004, Widerspruchsbescheid vom 18.5.2004). Das Klageverfahren (S 3 KR 1845/04 SG Reutlingen) endete am 7.9.2006 mit einem Vergleich, wonach die Klägerin die KSA für 1999 aus 80 % des der Abgabenbemessung zugrunde gelegten Betrags von 657 731 DM, für 2000 aus 75 % des Bemessungsbetrags von 880 246 DM und für 2001 aus 67 % des Bemessungsbetrags von 897 898 DM zu entrichten habe und für bereits anhängige und etwaige zukünftige Widerspruchsverfahren die Vollziehung der Abgabebescheide bis zur endgültigen rechtskräftigen Klärung ausgesetzt werde.

Ungeachtet der Rechtsauffassung der Beklagten über die Einbeziehung der CC, LC und AC an sich zustehenden Entgelte in die Bemessungsgrundlage der KSA meldete die Klägerin für die Folgezeit ab 2002 jeweils nur die an die (familienfremden) Bandmitglieder gezahlten Honorare als abgabepflichtige Entgelte. Die Beklagte setzte daraufhin die KSA jeweils “unter Vorbehalt” fest, und zwar für 2002 auf 693,27 Euro, für 2003 auf 503,77 Euro und für 2004 auf 627,07 Euro (Bescheide vom 29.3./11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005). Dabei hielt sie aber an ihrer Auffassung fest, professionelle Künstler wie CC, LC und AC arbeiteten auch im Verhältnis zur Klägerin nicht ohne angemessenes Honorar. Deshalb seien die Gewinnzuweisungen der Klägerin für die Kommanditisten ausnahmslos als Vergütungen für künstlerische Leistungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Bei den künstlerisch tätigen LC und AC verstehe sich dies von selbst. Die Gewinnzuweisung für EC sei CC zuzurechnen, weil EC weder künstlerisch noch auf andere Weise für die Klägerin tätig sei; die Gewinnzuweisung für IC sei ebenfalls CC zuzurechnen, weil sie gleichfalls nicht künstlerisch arbeite und ihre Funktion als Geschäftsführerin gesondert vergütet werde. Nachdem die Klägerin eine Korrektur ihrer Meldungen vom 10.3.2004 (Gesamthonorar von 18 244 Euro für 2002), vom 8.7.2004 (13 257 Euro für 2003) und vom 30.9.2005 (15 870 Euro für 2004) abgelehnt hatte, setzte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 15.2.2006 im Wege der Schätzung die Bemessungsentgelte für 2002 bis 2004 auf jeweils 415 147 Euro und die KSA auf jeweils 15 775,59 Euro (2002 und 2003) sowie auf 17 851,32 Euro (2004) fest. Als Bemessungsgrundlage zog sie den Durchschnitt der für die Jahre 1999 bis 2001 bei der Betriebsprüfung festgestellten Werte heran. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 5.10.2007 setzte die Beklagte dann das Bemessungsentgelt für 2002 auf 201 002 Euro (KSA 7638,08 Euro), das Entgelt für 2003 auf 118 686 Euro (KSA 4510,07 Euro) und das Entgelt für 2004 auf 159 844 Euro (KSA 6873,29 Euro) herab und gab damit dem Widerspruch der Klägerin teilweise statt. Zugleich wurde die KSA für die Jahre 2005 und 2006 erstmals festgesetzt, und zwar nach Bemessungsentgelten von wiederum je 159 844 Euro auf 9270,95 Euro (2005) und 8791,42 Euro (2006). Dabei legte die Beklagte als Bemessungsgrundlage die von der Klägerin an IC gezahlten Beträge entsprechend den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 2002 und 2003 zugrunde. Für die Zeit ab 2004 wurde mangels Einkommensteuerbescheid der Durchschnitt der beiden Vorjahre von 159 844 Euro herangezogen. Die bisher erteilten Bescheide, also die Abgabebescheide vom 11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005 sowie der Änderungsbescheid vom 15.2.2006, wurden zurückgenommen, soweit sie diesem neuen Bescheid widersprachen. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7.8.2008).

Im Klageverfahren (S 9 KR 3194/08 SG Reutlingen) hat die Klägerin geltend gemacht, die mit dem Bescheid vom 5.10.2007 erfolgte Festsetzung der KSA ab 2002 sei insoweit rechtswidrig, als höhere Bemessungsentgelte als die von ihr korrekt mitgeteilten Honorare zugrunde gelegt worden seien. Ab 2002 habe keine rechtliche Verpflichtung mehr bestanden, Vergütungen für künstlerische Leistungen an CC, LC und AC zu bezahlen, und solche Zahlungen habe es auch tatsächlich nicht mehr gegeben. Die ab 2002 erzielten Handelsbilanzgewinne der Gesellschaft seien im Wesentlichen erwirtschaftet worden durch Erträge der GEMA, der GVL und sonstiger Lizenzen, die ausschließlich den vier Kommanditisten zugewiesen worden seien. Im Übrigen ergäben sich aus den vorgelegten Einkommensteuererklärungen der Kommanditisten keine Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit und damit auch keine Zahlungen der Klägerin für solche Tätigkeiten, die Gegenstand einer KSA sein könnten. Es handele sich vielmehr um gesellschaftsrechtlich zulässige Gewinnentnahmen der Gesellschafter.

Die Beklagte hat entgegnet, die Gewinne der Gesellschaft beruhten auf der Verwertung der künstlerischen Leistungen der Familie C. Der vereinbarte Verzicht der Künstler auf ihr Honorar diene lediglich der Umgehung der KSA. Eine Doppelbelegung der Auftrittshonorare mit der KSA gebe es nicht, weil die Zahlungen der Auftraggeber (Veranstalter) vertragsgemäß der Klägerin zugestanden hätten und Vergütungen für Leistungen einer KG nicht der Abgabepflicht nach dem KSVG unterlägen.

Das SG hat das Klageverfahren über die KSA für 2005 und 2006 abgetrennt (S 9 KR 418/11 SG Reutlingen = L 5 KR 3544/11 LSG Baden-Württemberg). Hinsichtlich der KSA-Festsetzungen für die Jahre 2002 bis 2004 hat das SG den Schätzungsbescheid der Beklagten vom 5.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.8.2008 antragsgemäß geändert und das Entgelt zur Bemessung der KSA für 2002 auf 18 244 Euro, für 2003 auf 13 257 Euro und 2004 auf 15 870 Euro festgesetzt (Gerichtsbescheid vom 9.2.2011): Es sei zwar nicht von einer unentgeltlichen Tätigkeit von CC und der an der Klägerin beteiligten Familienmitglieder LC und AC auszugehen, der angefochtene Bescheid verstoße aber gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und sei durch die Vorgaben des § 27 Abs 1 und 1a KSVG über die Möglichkeit zur Schätzung des Bemessungsentgelts nicht gedeckt. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 13.11.2012). Die Klägerin sei zwar zur Änderung der ursprünglichen Abgabebescheide vom 29.3.2004 für 2002, vom 15.7.2004 für 2003 und vom 27.4.2005 für 2004 nach § 27 KSVG prinzipiell berechtigt gewesen. Die streitgegenständlichen Festsetzungen der KSA in den Bescheiden vom 15.2.2006 und 5.10.2007 seien aber rechtswidrig, weil die Klägerin mit der Meldung der an die als selbstständige Musiker tätigen Bandmitglieder (sog “Freelancer”) ihre Meldepflicht nach § 27 Abs 1 S 1 KSVG erfüllt habe. Die Gewinnzuweisungen der Klägerin an ihre Kommanditisten seien nach § 27 iVm § 25 KSVG nicht in die Bemessungsgrundlage der KSA einzubeziehen, weil es sich dabei nicht um “Entgelte für künstlerische oder publizistische Leistungen” iS des § 25 KSVG gehandelt habe. Dieses Ergebnis sei auch nicht deswegen zu korrigieren, weil es CC und den Gesellschaftern der Klägerin gerade darum gegangen sei, eine rechtliche Konstruktion zu wählen, bei der eine KSA-Pflicht nicht eintrete. Die Wahl rechtlich zulässiger Gestaltungsmöglichkeiten zur Abwehr von Abgabepflichten sei nicht rechtsmissbräuchlich.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 25 und 27 KSVG. Sie hält an ihrer Rechtsauffassung über die Einbeziehung der Gewinnzuweisungen der Klägerin in die Bemessungsgrundlage zur KSA fest und beantragt,

das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.11.2012 und den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 9.2.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hält das Berufungsurteil für zutreffend und beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet. Die Klägerin unterliegt als musikalische Werke und Leistungen vermarktendes Unternehmen der Pflicht zur Abführung der KSA nur insoweit, als sie in den Jahren 2002 bis 2004 für künstlerische Leistungen Honorare an CC, LC und AC sowie an die selbstständig tätigen (familienfremden) Bandmitglieder gezahlt hat. Die Honorare an die Bandmitglieder beliefen sich auf insgesamt 18 244 Euro (2002), 13 257 Euro (2003) bzw 15 870 Euro (2004). Für die musikalischen Auftritte von CC, LC und AC sind von der Klägerin entsprechend der Vereinbarung vom 8.9.2001 keine Vergütungen gezahlt worden, sodass auch keine KSA zu entrichten war. Dennoch hat der erkennende Senat das Bemessungsentgelt für die KSA des Jahres 2004 auf 45 870 Euro erhöht, weil die Klägerin für die – der Unterhaltungskunst zuzurechnenden – Mitwirkung von CC in der im Fernsehen ausgestrahlten Unterhaltungsshow “Ich bin ein Star – holt mich hier raus” (Dschungelcamp-Sendung) ein Honorar von netto 30 000 Euro gezahlt hat (Rechnung vom 31.3.2004). Für dieses Honorar muss die Klägerin ebenfalls die KSA entrichten.

1. Gegenstand der erhobenen isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) ist der die Höhe der KSA für die Jahre 2002 bis 2004 festsetzende Schätzungsbescheid der Beklagten vom 15.2.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 5.10.2007 und des Widerspruchbescheides vom 7.8.2008. Der Bescheid vom 5.10.2007 ist während des gegen den Ausgangsbescheid vom 15.2.2006 gerichteten Widerspruchsverfahrens ergangen und hat dessen Regelungen vollständig ersetzt. Er ist daher gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Die Beklagte hat hierüber mit Widerspruchsbescheid vom 7.8.2008 entschieden. Da die Festsetzung der Höhe der von einem Unternehmen abzuführenden KSA grundsätzlich auf ein Kalenderjahr bezogen ist (vgl § 27 Abs 1 S 1 und Abs 1a S 1 KSVG), handelt es sich bei den KSA-Festsetzungen für die jeweiligen Jahre um eigenständige Streitgegenstände, sodass das SG das Verfahren über die KSA der Jahre 2005 und 2006 vom vorliegenden Verfahren abtrennen durfte (§ 202 SGG iVm § 145 Abs 1 ZPO).

Angefochten waren die KSA-Festsetzungen allerdings nur, soweit die zugrunde gelegten Bemessungsentgelte die Summen der Honorarzahlungen an die (familienfremden) Bandmitglieder in Höhe von 18 244 Euro für 2002, 13 257 Euro für 2003 und 15 870 Euro für 2004 überschritten. Diese Einschränkung ist in den Vorinstanzen auch beachtet worden und hat sich im Tenor des Gerichtsbescheides des SG vom 9.2.2011 entsprechend niedergeschlagen.

2. Den unmittelbar aus dem Regelungszweck des § 27 KSVG abgeleiteten Bedenken des SG gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Schätzungsbescheide der Beklagten ist das LSG zu Recht nicht gefolgt.

a) Das SG hatte entschieden, die Neufestsetzung des maßgeblichen Bemessungsentgelts im Wege der Schätzung verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und sei auch durch die Ermächtigung zur Schätzung in § 27 KSVG nicht legitimiert. Nach § 27 Abs 1a S 2 KSVG sei die Beklagte nur berechtigt, bereits erlassene Abgabebescheide mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die Meldungen unrichtige oder jedenfalls nicht plausible Angaben enthalten oder sich die Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erwiesen hätte. Neben § 27 Abs 1a KSVG finde die allgemeine Regelung des § 45 SGB X über die Rücknahme rechtswidriger begünstigter Verwaltungsakte keine Anwendung. Entsprechend seines Ausnahmecharakters könne § 27 Abs 1a KSVG aber nicht als Ermächtigung verstanden werden, Abgabebescheide auch ohne strikte Bindung an die gesetzliche Vorgabe wiederholt abzuändern, solange nur eine nach Ansicht der Beklagten noch nicht vollständig korrekte Meldung vorliege. Vielmehr ermächtige auch § 27 Abs 1a KSVG zur Korrektur eines Abgabebescheides nur insoweit, als im Falle einer nicht oder falsch abgegebenen Meldung oder wenn sich eine abgegebene Meldung ganz oder teilweise als unrichtig oder nicht plausibel erweise, sich die Schätzung nachträglich aufgrund objektiver neuer tatsächlicher Erkenntnisse und nicht etwa nur aufgrund einer geänderten rechtlichen Beurteilung als unrichtig erwiese. Hieran habe sich die Beklagte nicht gehalten. Schon die im Bescheid vom 15.2.2006 niedergelegte erste Schätzung sei auf der Basis von Erkenntnissen erfolgt, die der Beklagten im Rahmen der Betriebsprüfung mit abschließendem Bescheid vom 9.1.2004 längst vorgelegen hätten; objektiv neue Erkenntnisse tatsächlicher Art habe es bei Erlass der Schätzungsbescheide nicht gegeben. Diesem rechtlichen Ansatz kann nicht gefolgt werden.

b) Gemäß § 27 Abs 1a S 2 KSVG in der ab 1.7.2001 geltenden und hier maßgeblichen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze – 2. KSVG-ÄndG – vom 13.6.2001 (BGBl I 1027) wird der Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des zur Abgabe Verpflichteten zurückgenommen, wenn die Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG unrichtige Angaben enthält oder sich die Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erweist. Dabei verdrängt § 27 Abs 1a S 2 KSVG die allgemeine Regelung des § 45 SGB X (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 10; BSGE 104, 265 = SozR 4-5425 § 25 Nr 5, RdNr 12; BSG SozR 4-5425 § 25 Nr 1, RdNr 7; zu den Gesetzesmaterialien vgl BT-Drucks 14/5066 S 14). Die Beklagte darf also rechtswidrige Abgabebescheide auch mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des Adressaten ändern, ohne dabei an die sonst in § 45 SGB X bestimmten Einschränkungen einer solchen rückwirkenden Rücknahme rechtswidriger bestandskräftiger Verwaltungsakte gebunden zu sein. Dies ist dadurch zu rechtfertigen, dass die Berechtigung zur Rücknahme derartiger Abgabebescheide auf einer vom Betroffenen gemachten unrichtigen Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG beruht bzw auf einer unrichtigen Schätzung nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG; die Rücknahme darf somit nur erfolgen, wenn der zur Abgabe Verpflichtete trotz Aufforderung die Meldung nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstattet hat, was allein seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen ist. Beruht aber die rückwirkende Rücknehmbarkeit eines solchen Verwaltungsaktes letztlich auf unrichtigen, unvollständigen oder fehlenden Angaben des Betroffenen, mithin auf einem eigenen rechtswidrigen Verhalten, so kann er sich nicht darauf berufen, die Rechtsordnung müsse ihm Vertrauensschutz gewähren.

Daher ist die vom SG vorgenommene einschränkende Anwendung des § 27 Abs 1a S 2 KSVG auf Fälle nachträglichen Erkenntnisgewinns sachlich nicht geboten; Anhaltspunkte für eine solche einschränkende Auslegung finden sich auch nicht im Gesetz. Die Regelung des § 27 Abs 1a S 2 KSVG verdrängt § 45 SGB X nicht nur hinsichtlich des Ausschlusses der Pflicht zur Ausübung von Ermessen und der Vertrauensschutzprüfung; die Vorschrift führt vielmehr auch dazu, dass die Voraussetzungen einer rückwirkenden Rücknahme nach § 45 Abs 4 S 1 iVm § 45 Abs 2 S 3 bzw Abs 3 S 2 und Abs 4 S 2 SGB X nicht vorzuliegen brauchen. Damit ist eine Rücknahme von rechtswidrigen Abgabebescheiden nach § 27 Abs 1a S 2 KSVG nach Maßgabe seiner Voraussetzungen ohne Ausübung von Ermessen oder Prüfung von Vertrauensschutzaspekten so weit und so lange möglich, wie der Anspruch der Verwaltung auf Erhebung der KSA gemäß §§ 23 ff KSVG nicht verjährt ist (dazu vgl § 31 KSVG iVm § 25 SGB IV). Demgemäß kann ein rechtswidriger Abgabebescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zu Ungunsten des zur Abgabe Verpflichteten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die KSA fällig geworden ist, zurückgenommen werden; ist die KSA vorsätzlich vorenthalten, beträgt die Verjährungsfrist dreißig Jahre. Der Abgabebescheid ist rechtswidrig, wenn aufgrund einer unrichtigen Meldung nach § 27 Abs 1 KSVG bzw aufgrund einer unrichtigen Schätzung iS des § 27 Abs 1 S 3 KSVG eine zu geringe KSA festgesetzt wurde. Bei einer zu hoch festgesetzten KSA richtet sich die Rücknehmbarkeit des Abgabebescheides nach § 44 SGB X, der durch § 27 Abs 1a S 2 KSVG nicht verdrängt wird.

c) Damit war entscheidungserheblich, ob die Voraussetzungen des § 27 Abs 1a S 2 KSVG vorlagen, dh die Meldungen der Klägerin nach § 27 Abs 1 KSVG unrichtige Angaben enthielten oder sich die Schätzungen der Beklagten nach § 27 Abs 1 S 3 KSVG als unrichtig erwiesen haben und deswegen in den Bescheiden vom 11.6.2004, 15.7.2004 und 27.4.2005 für die Jahre 2002 bis 2004 jeweils eine zu niedrige KSA festgesetzt worden war. Ob die Angaben in den Meldungen der Klägerin für diese Jahre unrichtig waren bzw die Meldungen nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig erstattet wurden, beurteilt sich nach dem Sachverhalt, wie er sich in dem jeweiligen Jahr dargestellt hatte, unter Anwendung des jeweils maßgeblichen materiellen Rechts.

3. Rechtsgrundlage für die Erhebung von KSA sind hier die §§ 24, 25 und 27 KSVG in der ab 1.7.2001 geltenden Fassung des 2. KSVG-ÄndG. Gemäß § 23 KSVG erhebt die Beklagte von den zur Abgabe Verpflichteten (§ 24 KSVG) eine Umlage (KSA) nach einem Vomhundertsatz (§ 26 KSVG) der Bemessungsgrundlage (§ 25 KSVG). Dazu teilt sie dem zur Abgabe Verpflichteten den zu zahlenden Betrag schriftlich mit (§ 27 Abs 1a S 1 KSVG).

Die Klägerin betreibt ein zur KSA verpflichtetes Unternehmen, weil dessen wesentlicher wirtschaftlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen (§ 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG). Zudem handelt es sich um ein nach § 24 Abs 2 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler, nämlich die Sänger CC, LC und AC sowie die Bandmitglieder erteilt, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen und im Zusammenhang hiermit Einnahmen erzielt. Die Abgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach ist zu Recht nicht streitig.

4. Bemessungsgrundlage der KSA sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind (§ 25 Abs 1 S 1 KSVG). Zur Bemessungsgrundlage zählen auch die Entgelte, die ein nicht abgabepflichtiger Dritter für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zahlt, die für einen zur Abgabe Verpflichteten erbracht werden (§ 25 Abs 1 S 2 KSVG). Entgelt ist nach § 25 Abs 2 S 1 KSVG alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Ausgenommen hiervon sind die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden sowie steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten steuerfreien Einnahmen (§ 25 Abs 2 S 2 KSVG).

a) Zahlungen der die musikalischen Auftritte von CC, LC und AC sowie der Begleitband bestellenden Unternehmen (Auftraggeber/Kunden/Veranstalter) an die Klägerin stellen insoweit keine KSA-pflichtigen Entgelte dar (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17, 18), weil nicht die Künstler selbst, sondern die Klägerin Vertragspartnerin und Schuldnerin der bestellenden Unternehmen ist und Honorarzahlungen an eine KG nicht als Zahlungen an selbstständige Künstler, also an natürliche Personen, anzusehen sind, die von § 25 Abs 1 S 1 KSVG allein erfasst werden. Da sich die Klägerin jedoch der selbstständigen Künstler CC, LC und AC bedient, um die von ihr gegenüber ihren Auftraggebern eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, ist sie als Zwischenverwerter grundsätzlich selbst KSA-pflichtig (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19 mwN). Kunstvermarkter und Kunstverwerter können nicht nur natürliche oder juristische Personen sein, sondern solche Unternehmen können auch von einer KG betrieben werden, die insoweit einer juristischen Person gleichsteht. Der KSA-Pflicht unterliegen dann aber alle Zahlungen, die die Klägerin ihrerseits an selbstständige Künstler iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG für künstlerische oder publizistische Leistungen geleistet hat. Zahlungen an selbstständige Künstler können auch Zahlungen an die Gesellschafter der KSA-pflichtigen KG sein, wenn sie – auch soweit sie in einem Anstellungsverhältnis zur KG stehen – einen maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft haben und deshalb als Selbstständige anzusehen sind und zudem künstlerische oder publizistische Leistungen iS von § 2 KSVG erbracht haben (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 19; BSGE 82, 107, 108 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 61 f; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 ff).

b) CC, LC und AC waren nicht Angestellte der Klägerin, sondern selbstständig tätige Künstler (§ 1 KSVG). Hierzu gehören alle Künstler, die nicht wegen ihrer konkreten künstlerischen Tätigkeit bei dem KSA-pflichtigen Unternehmen in einem arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen (BSG SozR 3-5425 § 24 Nr 10; Nordhausen in Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 4. Aufl 2009, § 25 RdNr 8 ff). Weder waren CC, AC und LC bei ihrer Tätigkeit von dem Unternehmen der Klägerin persönlich abhängig und dort dienend eingegliedert noch waren sie auf sonstige Art und Weise Weisungen der Klägerin unterworfen, die über die im Rahmen der Durchführung des jeweiligen Auftritts notwendigen “Weisungen” hinausgingen.

Zwar hatte sich die Klägerin in den Jahren 2002 bis 2004 gegenüber ihren jeweiligen Vertragspartnern in zahlreichen Fällen verpflichtet, Konzerte oder Auftritte der Sänger CC, LC und AC, einzeln oder in Gruppen, durchzuführen. Doch erfüllten CC, LC und AC die von der Klägerin eingegangenen Verpflichtungen stets als selbstständige Künstler (Sänger) und nicht im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zur Klägerin. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass LC und AC seinerzeit Gesellschafter der Klägerin waren. Denn insoweit hatten sie über die gesellschaftsrechtliche Stellung hinaus keinerlei Befugnisse oder Aufgaben im Unternehmen der Klägerin; weder waren sie dort im Rahmen der Ausführung der täglichen Geschäfte eingebunden noch waren sie zu Geschäftsführern bestellt.

c) Die Einnahmen der Klägerin aus den Auftritten der Künstler CC, LC und AC beliefen sich nach den Feststellungen des LSG im Jahr 2002 auf 202 828,92 Euro, im Jahr 2003 auf 169 496,99 Euro und im Jahr 2004 auf 283 660,14 Euro. Die Klägerin hat jedoch – entsprechend der Vereinbarung vom 8.9.2001 – CC, LC und AC kein Entgelt für deren künstlerische Leistungen iS des § 25 KSVG gezahlt.

aa) Allein aus der Gesellschafterstellung bei der Klägerin, die bei CC ohnehin nicht vorlag, kann nicht geschlossen werden, dass Zahlungen per se KSA-pflichtige Entgelte wären. Für die Festlegung, ob eine bestimmte Zahlung als abgaberelevant einzustufen ist, ist wegen der Notwendigkeit einer typisierenden Betrachtung allein auf die gewählte Gesellschaftsform abzustellen und nicht auf die interne Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17). Die Höhe der KSA hat sich an den für den Kunstvermarkter erkennbaren Verhältnissen zu orientieren, denn der Abgabepflichtige muss in der Lage sein, die auf ihn entfallende Belastung vorauszuberechnen (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 17; BSGE 74, 117, 120 = SozR 3-5425 § 24 Nr 4 S 16). Deshalb kann nicht angenommen werden, dass jeder Gesellschafter einer mit der Erstellung künstlerischer oder publizistischer Werke befassten KG schon kraft seiner Gesellschafterstellung typischerweise ähnlich dem GbR-Gesellschafter als selbstständiger Künstler oder Publizist iS von § 25 Abs 1 S 1 KSVG an der Herstellung eines gemeinschaftlichen künstlerischen oder publizistischen Werkes beteiligt ist (BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 18) und daher jede Zahlung an ihn Entgelt iS der §§ 24, 25 KSVG wäre. Insoweit hat es auch der erkennende Senat abgelehnt, die Gesellschafter einer mit der Erstellung künstlerischer oder publizistischer Werke befassten KG schon wegen ihrer Gesellschafterstellung als selbstständige Künstler oder Publizisten iS der §§ 1 und 2 KSVG anzusehen. Gewinnzuweisungen an die KG-Gesellschafter, die aus deren gesellschaftsrechtlicher Stellung resultieren, sind daher keine Entgelte für künstlerische Leistungen, auch wenn der Gewinn der Gesellschaft ganz oder überwiegend aus einer künstlerischen Tätigkeit resultiert (so auch Pietrek, jurisPR-SozR 4/2014 Anm 3).

bb) In der Gewinnzuweisung kann auch nicht deshalb ein Entgelt iS des § 25 KSVG erblickt werden, weil die Gesellschafter LC und AC den Gewinn (teilweise) durch eigene künstlerische Tätigkeit erarbeitet und dafür keine Honorare bekommen haben. Der Entgeltbegriff des § 25 KSVG stellt darauf ab, dass das Entgelt konkret als Gegenleistung für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen geschuldet und gezahlt wird. Dabei kann es sich – so der Regelfall – um ein Honorar für ein einzelnes Werk oder eine einzelne Leistung handeln, aber zB auch um ein Gesamthonorar für eine künstlerische oder publizistische Leistung eines ganzen Jahres (so zB der Sachverhalt in BSGE 82, 107 = SozR 3-5425 § 25 Nr 12). Finanzielle Vorteile ohne Gegenleistungscharakter stellen daher kein Entgelt für Werke oder Leistungen iS des § 25 KSVG dar. Insoweit können Gewinnzuweisungen, die letztlich zwar auf einer künstlerischen oder publizistischen Leistung beruhen, aber eben nicht hierfür, sondern nur “hieraus” gezahlt werden, keine Entgelte iS des § 25 KSVG sein.

cc) Zum abgabepflichtigen Entgelt werden Gewinnzuweisungen auch nicht deshalb, weil vorliegend nicht irgendwelche Künstler, sondern gerade zwei der Gesellschafter der KG (sowie mit CC ein formal außenstehender Dritter) den Gewinn erwirtschaftet haben. Zwar resultiert der Gewinn der KG in erheblicher Weise auch aus dem Umstand, dass LC und AC, vor allem aber auch CC keine Honorare für ihre Auftritte verlangt haben, jedoch geht durch die Saldierung der verschiedenen Einkunftsarten (zB Auftrittshonorare, GEMA-Gebühren, Merchandisingeinnahmen) und der erwirtschafteten Verluste die Eigenständigkeit der einzelnen Einnahmepositionen verloren. Es handelt sich beim Gewinn der Gesellschaft daher nicht mehr um Einnahmen aus künstlerischen und publizistischen Werken oder Leistungen.

Dasselbe gilt auch für die Gewinnzuweisungen an die Ehefrau, IC, die selbst nicht durch künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zum Gewinn der Klägerin beigetragen hat. Ihr kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass sie die Gewinne an CC weitergeben würde. CC selbst hat von der Klägerin keine Zahlungen – weder unmittelbar noch mittelbar durch Zahlung an Dritte – erhalten, weshalb auch insoweit keine Abgabenpflicht nach § 25 KSVG bestand. Seine Ehefrau hat auch keine eigentlich dem CC geschuldeten Entgelte erhalten, sondern lediglich eigene Gewinnzuweisungen als Gesellschafterin der KG: Diese stellen aber, wie dargelegt, keine Entgelte iS des § 25 KSVG dar. Vergleichbares gilt für die Gewinnzuweisungen an EC, die ebenfalls nicht als Künstlerin für die Klägerin tätig war.

d) Diesem Ergebnis steht auch nicht der Umstand entgegen, dass es den Gesellschaftern sowie CC darum gegangen war, ein Modell zu wählen, bei dem eine KSA-Pflicht für die Klägerin nicht eintritt. Die Wahl rechtlich zulässiger Gestaltungsmöglichkeiten zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung ist weder rechtlich unzulässig noch missbräuchlich.

Die gewählte Form der Vermarktung der musikalischen Aktivitäten von CC, LC und AC über eine “familieneigene” GmbH & Co. KG und der Verzicht auf die Honorierung der einzelnen Auftritte im Verhältnis von CC, LC und AC zur KG stellt weder einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot in Form eines Umgehungsgeschäftes (§ 134 BGB) noch einen Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) dar. Das KSVG enthält keine Regelungen zur Frage, in welcher rechtlichen Form selbstständige Künstler und Publizisten ihre Leistungen und Werke vermarkten dürfen und welche rechtlichen Konstruktionen ihnen dabei untersagt sind. Solange in diesem Bereich aber eine unbeschränkte Wahlfreiheit besteht, kann eine zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung führende rechtliche Gestaltung der Vermarktung nicht als “Umgehung” einer im Gesetz angelegten Regelung angesehen werden (Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl 2014, § 134 RdNr 28).

e) Es gibt im KSVG auch keine dem § 42 Abgabenordnung (AO) entsprechende allgemeine Regelung zum Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Nach dieser Vorschrift kann das Steuergesetz durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden (Abs 1 S 1). Liegt ein Missbrauch vor, dann entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (Abs 1 S 2). Dieses Missbrauchsverbot ist auf das Steuerrecht beschränkt und müsste in einer den wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnissen des Künstlersozialversicherungsrechts angepassten Form im KSVG ausdrücklich niedergelegt werden, um auch für die Pflicht zur Abführung der KSA zu gelten.

f) Zu einem nicht unerheblichen Einnahmeausfall der KSK führt aber vor allem die Regelung des § 25 Abs 1 S 1 KSVG, wonach zur Bemessungsgrundlage der KSA nur jene Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zählen, die ein nach § 24 KSVG abgabepflichtiger Unternehmer im Laufe eines Kalenderjahres “an selbstständige Künstler oder Publizisten” zahlt, auch wenn diese selbst nach dem KSVG nicht versicherungspflichtig sind. Damit sind nur Honorare und sonstige Entgelte erfasst, die an natürliche Personen (Einzelpersonen einschließlich der Mitglieder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vgl BSGE 106, 276 = SozR 4-5425 § 25 Nr 7, RdNr 15 mwN) gezahlt werden, nicht aber Vergütungen, die an juristische Personen (zB GmbH) oder die ihnen gleichgestellten Gesellschaften (zB KG) zu zahlen sind, selbst wenn sie – wie hier – von einem oder mehreren selbstständigen Künstlern oder Publizisten gegründet und betrieben werden. Beauftragt ein Vermarktungsunternehmen (§ 24 KSVG) also eine von einem Künstler zwischengeschaltete “eigene” juristische Person mit der Erstellung einer künstlerischen Leistung (wie zB hier die GmbH & Co. KG, die für die musikalischen Auftritte von CC, LC oder AC zu sorgen und für deren Durchführung einzustehen hat), ist dies für ihn regelmäßig wirtschaftlich vorteilhaft, weil er sich auf diese Weise die – bei unmittelbarer Beauftragung einer natürlichen Person anfallende – KSA “erspart”, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers aber gerade die typischen Kunstvermarkter und Kunstverwerter treffen soll (§ 24 Abs 1 KSVG). Die KSA-Pflicht kann dann zwar im Einzelfall die beauftragte juristische Person als “Zwischenverwerter” treffen, dies ist aber keineswegs der Regelfall (vgl zu den engen Voraussetzungen BSGE 82, 107, 109 f = SozR 3-5425 § 25 Nr 12 S 62 f; BSG SozR 3-5425 § 25 Nr 13 S 68 f; BSGE 88, 1, 5 = SozR 3-5425 § 1 Nr 6 S 32). Wer die wirtschaftlichen Nachteile der KSK bei Beauftragung juristischer Personen in solchen Fällen als unangemessen empfindet, muss darauf hinwirken, dass die §§ 24 und 25 KSVG eine entsprechende Änderung erfahren.

5. Hat die Klägerin mithin weder CC noch LC und AC Entgelte für musikalische Leistungen iS des § 25 KSVG gezahlt, bestand auch keine Verpflichtung, eine entsprechende Meldung zu machen. Die abgegebenen Meldungen waren im Hinblick auf die unstreitig der KSA-Pflicht unterliegenden Entgelte an die Bandmitglieder zutreffend.

a) Als unvollständig hat sich lediglich die Meldung der Klägerin vom 30.9.2005 für das Jahr 2004 erwiesen. Entgegen der allgemeinen Vereinbarung vom 8.9.2001, für die Klägerin unentgeltlich tätig zu sein, die auch für die Auftritte als Sänger konsequent eingehalten worden ist, hat CC für seine Mitwirkung an der in Australien gedrehten Dschungelcamp-Sendung “Ich bin ein Star – holt mich hier raus” von der Klägerin ein Honorar von 30 000 Euro erhalten. Diese dem weiten Bereich der Unterhaltungskunst zuzurechnende Mitwirkung als Akteur und “Selbst-Darsteller” in einer inszenierten von Moderatoren begleiteten und dem Fernsehzuschauer als “Survivalshow” präsentierten TV-Produktion des sog Factual Entertainment (dazu Döveling/Kurotschka/Nieland in: Döveling/Mikos/Nieland, Im Namen des Fernsehvolkes – Neue Formate für Orientierung und Bewertung, 2007, S 103, 110 f) mit mehr oder weniger prominenten Personen in einer für sie ungewohnten Situation und Rolle (und dabei zugleich als im Wettbewerb um ein Preisgeld befindliche, aus dem Camp herauswählbare Kandidaten) stellt eine “künstlerische Leistung” iS des § 25 KSVG dar (ähnlich bereits BSGE 104, 265 = SozR 4-5425 § 25 Nr 5 für Juroren in TV-Castingshows), für die CC der Klägerin am 31.3.2004 ein Honorar von 30 000 Euro in Rechnung gestellt hat, das ausweislich der Bilanz für das Jahr 2004 auch als Ausgabeposten auf dem Konto 8400 verbucht und von CC als Einnahme aus selbstständiger Tätigkeit versteuert worden ist. Dieses Honorar hätte in der Meldung der Klägerin über die an selbstständige Künstler wegen einer künstlerischen Leistung gezahlten Entgelte enthalten sein müssen. Die Bemessungsgrundlage der KSA für das Jahr 2004 umfasste also nicht nur Honorare in Höhe von 15 870 Euro (so aber die Meldung vom 30.9.2005), sondern 45 870 Euro.

b) Der erkennende Senat konnte dieses Honorar in die Revisionsentscheidung einbeziehen, obgleich die Vorinstanzen hierzu keine Feststellungen getroffen hatten. Die Klägerin hatte bereits in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 15.5.2008 selbst auf dieses Honorar hingewiesen und eine Ablichtung der Rechnung vom 31.3.2004 beigefügt. Auch der Einkommensteuerbescheid der Eheleute C für das Jahr 2004 weist diese Einnahme aus. Im Streit um die Einbeziehung der Gewinnzuweisungen in die Bemessungsgrundlage der KSA ist dieses abgabepflichtige Honorar im Verwaltungsverfahren sowie im ersten und zweiten Rechtszug schlichtweg “vergessen” worden. Einwände gegen die Berücksichtigung dieses Honorars haben die Beteiligten weder in der mündlichen Verhandlung am 2.4.2014 noch auf den zuvor erteilten rechtlichen Hinweis des Senats vom 26.3.2014 erhoben.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Revision der Beklagten nur zu weniger als 10 % erfolgreich war und der eigentliche Streitpunkt, nämlich die abgabenrechtliche Behandlung der Gewinnzuweisungen einer KG an ihre Gesellschafter (§ 25 KSVG), zu Gunsten der Klägerin entschieden worden ist.

7. Die Streitwertfestsetzung basiert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 und § 47 Abs 1 GKG.

Bundessozialgericht, Urteil vom 7. Juli 2015:

Webdesigner sind Künstler. Für die kreative Gestaltung einer Website muss der Auftraggeber deshalb Künstlersozialabgabe abführen.

Für die Tätigkeit eines Webmasters/ Webadministrators (Betreuung der Seite im Hinblick auf Funktionalität, Aktualität, Nutzerfreundlichkeit etc.) fällt dagegen keine Künstlersozialabgabe an.

Hier geht’s zum Volltext des Urteils:

BUNDESSOZIALGERICHT, Urteil vom 7. Juli 2005, B 3 KR 37/04 R

Tenor

Die Revision der Bekl. gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. 5. 2004 wird zurückgewiesen.

Die Bekl. trägt die außergerichtlichen Kosten der Kl. für das Revisionsverfahren.

Tatbestand

I. Streitig ist die Versicherungspflicht der Kl. nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Die 1970 geborene Kl. studierte bis 1997 Architektur und schloss das Studium mit dem Hochschulgrad „Diplom-Ingenieurin“ ab. Im Anschluss hieran war sie in zwei Architekturbüros beschäftigt. Von März 2001 bis März 2002 ließ sie sich in einem Institut für Weiterbildung, Personalentwicklung und Computertraining zum sog Webmaster weiterbilden. Im Mai 2002 legte sie vor der Industrie und Handelskammer erfolgreich eine Prüfung zur Multimedia-Assistentin ab. Seit September 2002 übt die Kl. eine Tätigkeit als sog Webdesignerin aus  zunächst als Einzelunternehmerin und seit Spätherbst 2002 in der Ateliergemeinschaft „digital-definieren  on und offline design“.

Im August 2002 meldete sich die Kl. bei der Bekl. und beantragte die Aufnahme in die Künstlersozialversicherung (KSV). Sie gab an, Schwerpunkt ihrer Arbeit seien der Entwurf, das Layout und die künstlerische Gestaltung von Webseiten. Ihre Fähigkeiten lägen im künstlerischen Bereich und nicht in der Programmierung; sie besitze aber auch das technische Rüstzeug zur Umsetzung ihrer Entwürfe. Im 4. Quartal 2002 werde sie ein Arbeitseinkommen aus dieser Tätigkeit in Höhe von voraussichtlich 3.000 Euro und im Jahr 2003 in Höhe von voraussichtlich 15.000 Euro erzielen. Mit Bescheid vom 5. 12. 2002 stellte die Bekl. fest, dass die Kl. nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege, weil sie als Diplom-Ingenieurin und Webmaster ausgebildet sei und diese Ausbildungsgänge nicht mit demjenigen eines Designers vergleichbar seien. Sie erstelle Webseiten zur Internetpräsentation als Auftragsarbeiten, deren Inhalte weitgehend vorgegeben seien. Eine durch freie schöpferische Gestaltung geprägte Tätigkeit, die derjenigen eines bildenden Künstlers oder Designers entspreche, sei damit nicht verbunden; die Tätigkeit der Kl. sei vielmehr der „angewandten Informatik“ zuzuordnen. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Bekl. mit Widerspruchsbescheid vom 13. 3. 2003 zurück.

Im Klageverfahren hat die Kl. ergänzend ausgeführt, sie entwickele ihre Internetseiten auf Grund eigener schöpferischer und gestalterischer Tätigkeit. Die Gestaltungselemente seien das Ergebnis eines langwierigen kreativen Prozesses, zu dem eine Inspirationsphase, eine künstlerische Konzeptionsphase, eine experimentelle Gestaltungsphase und eine Umsetzungsphase gehörten. Die eher technisch ausgerichtete Umsetzungsphase sei im Vergleich zu den drei vorhergehenden schöpferischen Phasen verhältnismäßig kurz. Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide der Bekl. aufgehoben und festgestellt, dass die Kl. der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege (Urteil vom 27. 5. 2004). Die Kl. schaffe bildende Kunst iS des § 2 Satz 1 KSVG. Zwar habe sich bislang noch keine Verkehrsauffassung dazu gebildet, ob und unter welchen Voraussetzungen die Tätigkeit einer Webdesignerin als Kunst anzusehen sei. Es komme deshalb auf das gesamte Erscheinungsbild dieser neuartigen Tätigkeit an, ob also der eigenschöpferische Schaffensprozess im Vordergrund stehe oder mehr die technische Umsetzung überwiege. Im vorliegenden Falle spreche die künstlerisch ausgerichtete Ausbildung der Kl. und der detailliert geschilderte Arbeitsablauf, bei dem die schöpferischen Phasen deutlich vorrangig seien, für eine künstlerische Tätigkeit. Dem stehe nicht entgegen, dass diese Tätigkeit auch technische Aspekte habe; dies sei bei einer Vielzahl anderer künstlerischer Betätigungen  etwa der Bildhauerei  ähnlich. Die Kl. besitze zudem ausreichenden kreativen Spielraum, denn sie habe bei der Ausführung der ihr erteilten Aufträge weitgehend freie Hand.

Die Bekl. rügt mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision eine Verletzung der §§ 1 und 2 KSVG. Die Kl. sei weder als Industrie- noch als Grafikdesignerin einzustufen. Diesen anerkannt künstlerischen Berufen stehe die Webdesignerin nur dann gleich, wenn sie eine professionelle Grafikausbildung vorweisen könne. Dies sei bei der Kl. wie bei einer Vielzahl anderer Personen, die die ungeschützte Bezeichnung „Webdesigner“ benutzten und derzeit in die KSV drängten, nicht der Fall. Von der Ausbildung her, insbesondere im Hinblick auf das abgeschlossene Architekturstudium sowie die Weiterbildung zum Webmaster bzw zur Multimedia-Assistentin, gehöre sie zum Berufsbild eines Informatikers oder Programmierers. Auch bei dem vom SG festgestellten Tätigkeitsbild stehe nicht die gestalterische Arbeit, sondern die technische Umsetzung im Vordergrund; diese bestimme ganz überwiegend die Wertschätzung der klägerischen Arbeiten auf dem Markt. Entsprechend der vom BSG (BSG) vorgenommenen Abgrenzung zwischen Handwerk und Kunst komme es auch hier darauf an, ob sich die Kl. aus dem angestammten Berufsfeld gelöst habe und in einschlägigen Fachkreisen als Künstlerin anerkannt und behandelt werde. Dies sei nicht der Fall, wie auch die Tatsache zeige, dass sie bei der Gestaltung und Einrichtung ihrer Internetseiten zahlreiche technische Aspekte zu berücksichtigen habe, die in der Regel ein Informatiker oder Programmierer erledige.

Die Bekl. beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. 5. 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kl. beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie sei bildende Künstlerin, ihre Tätigkeit gemischt künstlerisch-publizistisch; detaillierte Programmierungskenntnisse seien nicht erforderlich. Zudem arbeite sie in der Werbung; entsprechend der Rechtsprechung des BSG sei deshalb davon auszugehen, dass sie wie alle von der Werbebranche herangezogenen kreativen Selbstständigen zu dem Personenkreis zähle, der typischerweise in den Schutzbereich des KSVG falle.

Entscheidungsgründe

Die Sprungrevision der Bekl. ist zulässig, insbesondere hat sie die nach § 161 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Einverständniserklärung der Kl. fristgerecht vorgelegt. Die Sprungrevision ist aber nicht begründet; das SG hat die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben und festgestellt, dass die Kl. als Webdesignerin der Versicherungspflicht in der KSV unterliegt.

1. Gemäß § 1 Nr 1 KSVG werden selbstständige Künstler und Publizisten in der Rentenversicherung der Angestellten, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie eine künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Nach § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler iS dieses Gesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Kl. ist nach den mit der Sprungrevision nicht angreifbaren und deshalb für den Senat bindenden (§§ 161 Abs 4, 163 SGG) Feststellungen des SG seit September 2002 nicht nur vorübergehend selbstständig erwerbstätig und konnte im Jahr der Antragstellung (2002) sowie im Folgejahr ein Arbeitseinkommen aus ihrer Betätigung erwarten, welches deutlich über der Geringfügigkeitsgrenze des § 3 Abs 1 Satz 1 KSVG liegt. Entgegen der Ansicht der Revision handelt es sich bei der hier in Rede stehenden Tätigkeit als Webdesignerin auch um eine künstlerische Tätigkeit iS des KSVG.

In § 2 Satz 1 KSVG werden drei Bereiche künstlerischer Tätigkeit jeweils in den Spielarten des Schaffens, Ausübens und Lehrens umschrieben, nämlich die Musik, die bildende und die darstellende Kunst. Eine weitergehende Festlegung, was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, ist im Hinblick auf die Vielfalt, Komplexität und Dynamik der Erscheinungsformen künstlerischer Betätigungsfelder nicht erfolgt. Der Gesetzgeber spricht im KSVG nur allgemein von „Künstlern“ und „künstlerischen Tätigkeiten“, auf eine materielle Definition des Kunstbegriffs hat er hingegen bewusst verzichtet (BTDrucks 8/3172, S 21). Dieser Begriff ist deshalb aus dem Regelungszweck des KSVG unter Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der historischen Entwicklung zu erschließen (vgl BSG SozR 45425 § 24 Nr 6 S 42 RdNr 13 und BSGE 83, 160 = SozR 35425 § 2 Nr 9 S 33 – jew mwN; zum Kunstbegriff des Art GG Artikel 5 Grundgesetz vgl BVerfGE 30, 188 ff und 81, 108, 116; zur Zielrichtung des KSVG vgl BTDrucks 9/26, S 18 und BTDrucks 8/3172, S 19 ff). Aus den Materialien zum KSVG ergibt sich, dass der Begriff der Kunst trotz seiner Unschärfe auf jeden Fall solche künstlerischen Tätigkeiten umfasst, mit denen sich der „Bericht der Bundesregierung über die wirtschaftliche und soziale Lage der künstlerischen Berufe (Künstlerbericht)“ aus dem Jahre 1975 (BTDrucks 7/3071) beschäftigt (BSGE 83, 165f = SozR 35425 § 2 Nr 9 S 37 f; BSGE 83, 250 = SozR 35425 § 1 Nr 5 S 23; vgl auch Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 3. Aufl 2004, § 2 RdNr 3 und 9; Schriever „Der Begriff der Kunst im Künstlersozialversicherungsrecht“ in: von Wulffen/Krasney , Festschrift 50 Jahre BSG, 2004, S 709, 714 f). Der Gesetzgeber hat damit einen an der Typologie von Ausübungsformen orientierten Kunstbegriff vorgegeben, der in aller Regel dann erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk den Gattungsanforderungen eines bestimmten Kunsttyps entspricht. Bei diesen Berufsfeldern ist das soziale Schutzbedürfnis zu unterstellen, ohne dass es auf die Qualität der künstlerischen Tätigkeit ankommt oder eine bestimmte Werk- und Gestaltungshöhe vorausgesetzt wird.

In dem inzwischen 30 Jahre alten Künstlerbericht der Bundesregierung wird der Beruf des/der Webdesigners/-in naturgemäß nicht erwähnt, denn diese Tätigkeit gab es im Jahre 1975 noch nicht. Im Bereich der bildenden Kunst/Design finden sich allerdings die Katalogberufe des künstlerischen Grafikers, des Fotodesigners, des Layouters und des Grafik, Mode, Textil und Industriedesigners (BTDrucks 7/3071, S 7 und 12). Wer einen dieser Berufe ausübt, ist in aller Regel als Künstler anzusehen (vgl Finke/Brachmann/Nordhausen aaO § 2 RdNr 9 und 13; Brandmüller/Zacher/Thielpape, KSVG  Band I, Stand: Januar 2002, § 2 KSVG Anm 2). Ob und ggf unter welchen Voraussetzungen die Tätigkeit eines/einer Webdesigners/-in der künstlerischen Natur einem der vorgenannten Katalogberufe gleichsteht, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang noch nicht geklärt. Zu Recht hat schon das SG darauf hingewiesen, dass die Neuartigkeit der hier zu beurteilenden Tätigkeit nicht gegen ihre Qualifizierung als künstlerisch sprechen kann, denn dies würde der Vielfalt und Dynamik in der Entwicklung künstlerischer und/oder publizistischer Berufstätigkeit widersprechen (vgl auch die Gesetzesmaterialien zum KSVG, BTDrucks 8/3172, S 21 und 9/26, S 18). Entscheidend ist vielmehr, ob in den Werken der Webdesigner eine eigenschöpferische Gestaltung zum Ausdruck kommt, wobei es im Einzelfall weder um die Qualität der Leistung noch darum geht, ob sie eine bestimmte Werk oder Gestaltungshöhe erreicht; eine Differenzierung nach „guter“ oder „weniger guter“ Kunst findet nicht statt (BSGE 77, 29f = SozR 35425 § 24 Nr 12 S 79 f; BSG SozR 35425 § 1 Nr 4 S 16; vgl auch Schriever aaO S 715). In Anwendung dieser Grundsätze sind Webdesigner als Künstler iS des KSVG anzuerkennen, weil ihre Tätigkeit insbesondere der des Grafikdesigners, des Fotodesigners oder des Layouters vergleichbar ist.

2. Webdesigner gestalten Bildschirmseiten unter ästhetischen und funktionalen Gesichtspunkten, und zwar hauptsächlich für Internet- und Intranet-Auftritte. Der Ausbildungsgang zum Webdesigner ist derzeit, wie die Bekl. zu Recht anführt, rechtlich nicht geregelt; die Bezeichnung ist gesetzlich nicht geschützt. Gleichwohl hat sich bereits ein fest umrissenes Berufsbild herauskristallisiert. Soweit keine autodidaktische Spezialisierung erfolgt, wird eine in der Regel schulische und zwischen drei bis zwölf Monate betragende Fortbildung an privaten Bildungseinrichtungen oder bei den Industrie und Handelskammern durchgeführt und mit einer internen Prüfung des jeweiligen Trägers abgeschlossen. Die Tätigkeit selbst umfasst zunächst die Beratung des Kunden bei der Gestaltung von Bildschirmseiten für das Internet oder das firmeneigene Intranet. Dem folgt die Phase des „Brainstormings“ und der Ideensammlung, die in die Konzipierung des Designs von Homepages und einzelnen Bildschirminhalten mit Hilfe von diversen Softwareprogrammen unter Beachtung der redaktionellen, technischen, finanziellen und produktspezifischen Anforderungen übergeht. Hieran schließt sich die Gestaltung verschiedener Entwürfe an, die gelegentlich von Hand zu zeichnen sind, meist aber auch schon mit Hilfe des Computers (PC) umgesetzt werden können. Wichtig bei dieser zeichnerisch-entwerfenden Arbeit ist, dass gleichzeitig planend-organisierende Komponenten zu berücksichtigen sind  die Inhalte der einzelnen Seiten dürfen nicht überfrachtet werden, der Nutzer soll mittels Links oder Buttons durch die Anwendung geführt werden, und die Gestaltung der Bedieneroberfläche muss übersichtlich und verständlich bleiben. Die vom Webdesigner erstellten Entwürfe werden dem Kunden präsentiert, ggf werden Feinabstimmungen vorgenommen sowie Grafik, Farbgebung, Zeichensatz usw besprochen; sodann wird das endgültige Produkt fertig gestellt (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp  Stichwort „Web-Designer/in“). Ein vergleichbares Berufsbild weisen aber auch Grafikdesigner, Fotodesigner und Layouter auf: Grafikdesigner sind Fachleute für visuelle Kommunikation. Sie beraten Kunden bei der visuellen Umsetzung ihrer Wünsche und entwerfen nach deren Aufträgen grafische Kommunikationsmittel wie Anzeigen, Verpackungen, Plakate, Firmenlogos, Bildschirmoberflächen, Werbespots oder das Design von Datenbanken, Multivisionen, Internet und Intranetseiten, elektronischen Kiosksystemen oder Screens. Fotodesigner haben die Aufgabe, mittels der Fotografie eigene Bildkreationen zu entwerfen, um verschiedene Produkte und Ideen bestmöglich zu vermarkten. Sie arbeiten in Fotostudios und Ateliers der Werbe-, Mode- oder Wissenschaftsfotografie. Dabei wechseln sie zwischen dem Studio, unterschiedlichen Aufnahmeorten, der Dunkelkammer und  für die Bildbearbeitung  dem Computerarbeitsplatz. Layouter schließlich entwerfen und gestalten den (Bildschirm)Seitenaufbau von Druck und Medienseiten aller Art. Sie arbeiten in Betrieben, in denen Texte, Bilder und Grafiken zu Vorlagen für die Print und Non-Print-Medienproduktion gefertigt werden. Darüber hinaus sind Layouter in allen Bereichen der Informationsverarbeitung tätig, beispielsweise in Verlagen, Grafikbüros, Werbe und Medienagenturen sowie in Werbeabteilungen größerer Unternehmen (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagen-tur.de/berufe/index.jsp – Stichworte „Designer/-in – Grafik“, „Designer/-in – Foto“ und „Layouter/-in“).

Die vorgenannten Berufsbilder sind nicht scharf voneinander zu trennen und überschneiden sich sogar, denn bei der modernen Gestaltung der Kommunikationsmittel wird zunehmend der PC mit besonders ausgerichteter Software und Programmen zur Grafikherstellung und Bildbearbeitung eingesetzt mit der Folge, dass die elektronisch erstellten Produkte gleichzeitig in unterschiedlichen Medien Verwendung finden können. Lag der Schwerpunkt der Tätigkeit von Grafikdesignern früher vor allem auf der visuellen Realisierung bestimmter Ideen und Vorstellungen durch klassische Zeichengeräte und Gestaltungsmaterialien wie Federn, Pinsel, Farben, Raster und Folien, wird Grafikdesign heute, angefangen vom Entwurf bis hin zur Reinzeichnung, in erster Linie computerunterstützt bewerkstelligt. Layouter benutzen ebenfalls vermehrt den PC; sie entwerfen und gestalten Druck und Medienseiten aller Art mit Hilfe von verschiedenen Grafik- und Bildbearbeitungsprogrammen. Moderne Fotodesigner arbeiten heute ebenfalls nicht mehr ausschließlich mit der Kamera und im Entwicklungslabor, sie gestalten ihre Foto und Filmaufnahmen vielmehr auch am Bildschirm mittels entsprechender Layout- und Bildbearbeitungstechnik (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp – Stichworte „Designer/-in – Grafik“, „Designer/-in – Foto“ und „Layouter/-in“).

Auch die Werkzeuge von Webdesignern stammen aus den Bereichen Grafik, Zeichnung, Fotografie, Schrift und Video, nur die Benutzung von Feder, Pinsel, Farbe, Raster und Folien ist eher selten. Vorwiegend verarbeiten sie grafische Daten (selbst gezeichnete Computerbilder oder digitalisierte Fotos und Filme) mit dem PC und entsprechender Software (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp  Stichwort „Web-Designer/in“). Der Vergleich zwischen den „klassischen“ Berufen des Grafikdesigners, Fotodesigners und Layouters und der neuen Tätigkeit des Webdesigners zeigt, dass sich die Aufgaben und Tätigkeiten in diesen Berufsfeldern weitgehend decken. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch das zu bearbeitende Medium: Während das Ziel von Grafikdesignern  klassisch  die Bearbeitung von Papier, Pappe und Folien ist, Fotografen sich mit Bildern befassen und Layouter Buch und Zeitungsseiten gestalten, konzipiert der Webdesigner eine Internet oder Intranetseite nach Kundenwunsch. Das Berufsbild ist durch die Verbreitung des Internets neu entstanden und setzt die klassischen Tätigkeiten des Grafikers usw in einem modernen Medium fort. Deshalb ist es gerechtfertigt, das Webdesign wie alle anderen Arten des Designs, die auf speziellen technischen Möglichkeiten und Anwendungsformen beruhen (zB Foto, Licht, Grafik, Computer, Medien und Sound-Design), als Bestandteil der bildenden Kunst zu betrachten; denn Kunst ist nach heutigem Verständnis nicht wesentlich durch seine Gegenständlichkeit, sondern vielmehr durch die dem Kunstwerk Authentizität verleihende formgebende Idee zu bestimmen (Schriever aaO S 722). Auch in der Literatur wird dieser Erkenntnis inzwischen Rechnung getragen und der Webdesigner als Künstler iS des KSVG eingeordnet (vgl Finke/Brachmann/Nordhausen aaO § 2 RdNr 17 aE und § 24 RdNr 58 unter Bezugnahme auf SG Trier, Breithaupt 2003, BREITHAUPT Jahr 2003 Seite 214 ff; Brandmüller/Zacher/Thielpape aaO  Band II, Anlage 3 A/8 S 63 ).

Wenn auch der Werdegang zum Webdesigner derzeit noch nicht rechtlich geregelt ist, während die Übrigen zum Vergleich herangezogenen Berufstätigkeiten auf landesrechtlich geregelten schulischen Ausbildungsgängen an Berufsfachschulen, teilweise auch an Berufskollegs und privaten Einrichtungen basieren, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit als Webdesigner allein deshalb nicht vergleichbar ist. Wie der Senat schon früher ausgeführt hat, lässt das KSVG nicht erkennen, dass die Ausübung von Kunst eine abgeschlossene oder gesetzlich normierte Ausbildung voraussetzt (BSGE 77, 28 = SozR 35425 § 24 Nr 12 S 78 f). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Kl. nicht den Beruf einer Designerin, sondern denjenigen einer Architektin erlernt und in diesem Beruf einige Jahre gearbeitet hat (vgl zum Architektenberuf BSG SozR 35425 § 2 Nr 11 und SozR 45425 § 24 Nr 1).

3. Die Kl. erfüllt die vorstehend beschriebenen Merkmale einer Webdesignerin. Sie ist in einer Ateliergemeinschaft tätig und erhält regelmäßig Aufträge zur Gestaltung von Internetseiten. Dabei besitzt sie  wie das SG bindend festgestellt hat  einen eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum, den sie auch trotz der Bindung an den jeweiligen Kundenauftrag nutzen kann, weil ihr nur in groben Umrissen gestalterische Vorgaben gemacht werden. Die kreative Gestaltung der Webseite steht dabei im Vordergrund ihrer Arbeit, während die technische Umsetzungsphase, bei der die einzelnen Elemente des Gesamtdesigns in die Internetseite eingefügt werden, lediglich der Vollendung des Gesamtwerks dient. Damit unterscheidet sich die Kl. vom sog Webmaster/Webadministrator, dessen vorrangige Aufgabe darin besteht, die Internetauftritte von Unternehmen oder Organisationen im Hinblick auf Funktionalität, Aktualität, Design und Nutzerfreundlichkeit zu strukturieren und zu betreuen. Diese eher technisch ausgerichtete Berufsgruppe betreibt und überwacht Internet und Applikationsserver mit dem Ziel der stabilen Erreichbarkeit und sichert dabei den Web- und Systembetrieb sowie sensible Daten gegen Angriffe von außen ab (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp  Stichwort „Webadministrator/in“). Derartige Fähigkeiten hat die Kl. zwar ebenfalls erlernt, sie übt sie jedoch nicht aus, selbst wenn ihr die dabei erworbenen Kenntnisse und Fertigkeit in ihrem Beruf als Webdesignerin zugute kommen dürften. Doch auch ohne diese spezielle Vorbildung müsste die Kl. zumindest grundlegende technische Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen, um ihre Aufgaben bei der Gestaltung von Webseiten bewerkstelligen zu können  etwa vergleichbar einem Komponisten, der Noten schreiben muss, oder einem Bildhauer, der die Grundlagen der Steinmetztechnik beherrschen muss.

Neben dem Webadministrator haben sich weitere technisch ausgerichtete Tätigkeiten wie Informatiker, Programmierer oder Multimedia-Assistent im Zuge der Entwicklung des Internets herausgebildet. Informatiker übernehmen Fach und Führungsaufgaben bei der Lösung praktischer Probleme aus Industrie, Wirtschaft, Verwaltung, Forschung und Ausbildung sowie im medizinischen Bereich mit Hilfe informations und kommunikationstechnischer Systeme. Dabei geht es hauptsächlich um den Entwurf und die Entwicklung von Anwendungs und Systemsoftware und die Betreuung von informationstechnischen Systemen. Programmierer sind in der Programmentwicklung für die Codierung von fachlichen Anwendungsabläufen oder allgemeinen Dienstprogrammen zuständig. Ihre Aufgaben bestehen in der Umsetzung von Vorgaben, die in ihrem Konzept abgestimmt und detailliert beschrieben sind. Multimediafachleute schließlich haben die Aufgabe, an der Konzeption und Umsetzung von Multimediaprodukten in gestalterischer, softwaretechnischer bzw redaktioneller Hinsicht mitzuwirken (Nachweise unter http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp  Stichworte „Informatiker/-innen“, „Programmierer/-innen“ und „Multimediafachmann/-frau“). Diese Berufsgruppen sind somit auf technische Abläufe spezialisiert und unterscheiden sich vom Webdesigner dadurch, dass sie keinen eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum besitzen. Es wäre durchaus denkbar, dass die Kl. ihren kreativen Prozess mit der Konzeption und Gestaltung der Webseite abschließen und den Umsetzungsprozess einem der vorgenannten Berufsgruppen überlassen würde. Sie gleicht damit  bis auf die Unterschiedlichkeit des Mediums  einem klassischen Grafikdesigner, der seine Künstlereigenschaft auch nicht dadurch verliert, dass er Grafiken in Anbetracht der fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten vom Entwurf bis zur Reinzeichnung computergestützt selbstständig erstellen kann.

Soweit die Bekl. aus einzelnen von der Kl. erstellten Rechnungen abzuleiten versucht, dass dort die technisch-manuelle Gestaltung von Webseiten und nicht der eigenschöpferische Gestaltungsspielraum im Vordergrund gestanden habe, ist dies für die Beurteilung der Künstlereigenschaft der Kl. unerheblich, denn auf das Ausmaß der gestalterischen Freiheit im Einzelfall kommt es nicht an. Die Kl. bietet ihre Dienste als Webdesignerin nicht zweckfrei an, sondern verfolgt dabei ein konkretes Ziel  nämlich die Ermöglichung eines individuellen Internetauftrittes ihrer Auftraggeber. Dies kann einerseits zu deren positiver Darstellung in der Öffentlichkeit erfolgen (Imagepflege), andererseits aber auch eine bewusste Beeinflussung potentieller Interessenten und Kunden zum Inhalt haben (Werbung  vgl BSG SozR 35425 § 24 Nr 6 S 34 mwN; vgl auch Finke/Brachmann/Nordhausen aaO § 24 RdNr 136 f). Die Kl. gehört damit zum Kreis solcher „Kreativen“, deren berufliche Tätigkeit Werbezwecken dient. Zu den Werbefotografen hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass diese ohne Rücksicht auf die künstlerische Qualität ihrer Bilder und den ihnen eingeräumten Gestaltungsspielraum im Einzelfall als Künstler iS des KSVG einzuordnen sind, weil die Anfertigung der Fotografien Werbezwecken dient. Die Werbefotografie ist eine künstlerische Tätigkeit iS der §§ 2 und 24 Abs 1 Satz 2 KSVG, ohne dass es darauf ankäme, ob dem Fotografen im Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht, ob die Fotografien tatsächlich eine künstlerische Qualität besitzen oder ob zumindest der Fotograf im Einzelfall für sich einen künstlerischen Anspruch erhebt (BSG SozR 45425 § 24 Nr 3 RdNr 23; BSG SozR 45425 § 24 Nr 6 RdNr 12 ff). Dieser Kreis der „Kreativen“ beschränkt sich aber nicht nur auf den Werbefotografen, sondern umfasst ebenso alle andere Personen, die zum Gelingen eines Werbeauftrags eigenverantwortlich und nicht unerheblich beitragen (Urteil des Senats vom 12. 5. 2005  B 3 KR 39/04 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen  Visagistin; BSGE 83, 250 = SozR 35425 § 1 Nr 5 S 23  Regieassistentin). Zu diesem Personenkreis zählt auch die Kl., da sie  wie das SG bindend festgestellt hat  bei der Umsetzung ihrer gestalterischen Ideen grundsätzlich kreative Freiheiten besitzt, sodass es  wie beim Werbefotografen  nicht darauf ankommt, ob im Einzelfall ein kunsttypischer eigenschöpferischer Gestaltungsspielraum zur Verfügung steht.

Zu Unrecht beruft sich die Bekl. schließlich auf die Rechtsprechung des Senats zur Abgrenzung von Handwerk und Kunst (BSGE 80, 136 = SozR 35425 § 2 Nr 5  Cembalobauer; BSGE 82, 164 = SozR 35425 § 2 Nr 8  Feintäschner). Eine solche Abgrenzung hat der Senat für erforderlich gehalten, wenn handwerkliche Tätigkeiten schon vom Berufsbild her eine eigenschöpferische Komponente aufweisen. Insbesondere in solchen Fällen, in denen die (kunst-)handwerkliche Betätigung sowohl die Anfertigung von Entwürfen als auch die Fertigung des Endprodukts umfasst, ist eine Zuordnung zur Kunst nur möglich, wenn der Betroffene mit seinen Werken den handwerklichen Boden verlässt; dies lässt sich nur dadurch feststellen, dass er in fachkundigen Kreisen als Künstler anerkannt und behandelt wird (BSG aaO; vgl auch Schriever aaO S 719 f). Diese Rechtsprechung ist für den vorliegenden Fall indes nicht einschlägig, weil es nicht um die Abgrenzung zu einem „kreativen“ Handwerksberuf geht. Die Kl. übt auch nicht wesentlich Tätigkeiten eines Architekten aus, die eine Abgrenzung zu diesem im Allgemeinen technischen Beruf erforderlich machen. Sie arbeitet vielmehr  wie gezeigt  im Bereich der Werbung und ist schon deshalb als eigenschöpferisch-gestaltende Künstlerin angesehen, ohne dass es auf die Gestaltungshöhe ihrer Arbeitsergebnisse oder ein besonderes künstlerisches Niveau bzw die Anerkennung in Künstlerkreisen ankommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Dr. Sperling
Dr. Florian Sperling
Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)
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